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Aus dem Leben der Zigeuner

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Feri Lainscek ist eine der interessantesten Gestalten der neuesten slowenischen Literatur. Der 1959 im ostslowenischen Dorf Dolenci geborene Schriftsteller gilt neben dem 20 Jahre älteren Erneuerer der archaischen Mythen Istriens, Marjan Tomsic, als der wichtigste Vertreter der in den letzten Jahren stark ausgeprägten neo-folkloristischen Prosa.

Es ist sicherlich kein Zufall, daß viele slowenische Autoren in der Identitätskrise nach dem Zusammenbruch des Kommunismus, der weite Teile der slowenischen Kulturlandschaft mit seinem technokratischen Eifer zersiedelt und ruiniert hat, die (Über-)lebenswurzeln in den Resten der alten Strukturen zu entdecken versuchen. Die Identität des Menschen und der Heimat offenbart sich in einigen gültigen Texten dieser neuen Literatur aus dem Verborgenen, Ausgegrenzten, Verbotenen und Verpönten. Der Stoff schöpft sie manchmal aus dem vergessenen Brauchtum, aus Mythen, Legenden, Volkserzählungen, Geistergeschich -ten und Anekdoten.

Auch der Roman „Halgato” von Feri Lainscek ist ein Beispiel für die lyrisch-empfindsame Art der neuen slowenischen Erzählkunst. Der Autor gestaltet die Episoden aus dem Leben der slowenischen Zigeuner, die trotz ihrer Ausweglosigkeit am Rande der Gesellschaft und als verpönte „Minderheit der Minderheiten” ihre Identität zu bewahren versuchen, suggestiv und gekonnt.

„Halgato', was im Ungarischen ein melancholisches Instrumental-stück bezeichnet, ist in unserem Roman nicht nur der Name des Titelhelden, sondern auch die Chiffre für das Recht des Menschen, seine Eigenart und Autonomie trotz der Unterdrückung der „Andersartigen” zu bewahren. Im Original heißt der Roman „Statt wessen die Rose blüht” und artikuliert nicht nur das Schicksal der Roma in Slowenien, sondern zeichnet mit seiner einfachen, aber zugleich formalisierten Sprache den Zustand der Gesellschaft im allgemeinen. Die Sehnsucht nach der inneren Freiheit verbindet sich mit dem Gefühl des Ungenügens an der Welt, die innere Ruhelosigkeit wird durch die Aggressivität der militanten Gesellschaftsordnung verstärkt.

Nach diesem Dokument über die Zigeuner des in der k.u.k. Monarchie ungarisch verwalteten Gebietes entstand in Slowenien vor einiger Zeit auch der Film „Halgato”.

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