Ulitzkaja - © Foto: Getty Images / ullstein bild / Gezett

Ljudmila Ulitzkaja: Stalin – oder „nur die Pest“?

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Ljudmila Ulitzkaja erzählt in ihrem jüngst auf Deutsch erschienenen Buch „Eine Seuche in der Stadt“ von einer Durchseuchung der besonderen Art: der totalitären Macht.

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Ljudmila Ulitzkaja erzählt in ihrem jüngst auf Deutsch erschienenen Buch „Eine Seuche in der Stadt“ von einer Durchseuchung der besonderen Art: der totalitären Macht.

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So ein knapper Text, so ein schmales Buch und so unheimlich. Das „Szenario“, das die russische Autorin Ljudmila Ulitzkaja in ihrem jüngst auf Deutsch erschienenen Buch „Eine Seuche in der Stadt“ entwirft, erinnert auf den ersten Blick in vielem an die Gegenwart: eine Seuche bricht aus, Kontaktpersonen müssen gefunden und in Quarantäne gebracht werden, Panik in der Bevölkerung soll vermieden werden … Aber es führt doch ganz woanders hin, nämlich mitten in den stalinistischen Terror der 1930er Jahre.

Es ist 1939. Rudolf Iwanowitsch Mayer forscht in Saratow nach einem Impfstoff „gegen alle bekannten Stämme von Pestviren“. Mayer ist noch gar nicht fertig, er bräuchte noch sechs bis acht Wochen, aber die Ungeduld des Kollegiums des Volkskommissariats für Gesundheit ist groß. Es zitiert ihn nach Moskau, und zwar sofort. Dort soll er das Ergebnis seiner Forschung präsentieren. Der Vorsitzende kann damit ein „Ereignis von außerordentlicher Wichtigkeit“ verkünden: „Die Entwicklung dieses Impfstoffs ist ein weiterer Schritt auf dem Weg zum endgültigen Sieg des Kommunismus auf der ganzen Welt, ein weiterer Beweis für den Triumph der weisen stalinschen Politik.“

Rudolf Mayer wird in Moskau aber krank. „Lungenpest“ – konstatiert der behandelnde Arzt Sorin im Krankenhaus und sperrt sich sogleich mit dem Patienten ein. Der Kontakt mit Mayer wird auch ihm das Leben kosten.

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