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Magie von Hollywood

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Spät kommt er, doch er kommt: Walt Dis- neys farbiger Zeichentrickfilm „Die Abenteuer des Pinocchio". Zog sich schon der weite Weg vom italienischen Dichter des

19. Jahrhunderts nach Hollywood, so war er von dort über einen Weltkrieg und sieben Jahre gestörten Filmmarktverkehrs auch nicht eben der kürzeste. Nun gilt gerade die ewige Jugend als Prüfstein des echten Märchens, und .Pinocchio" trägt unverkennbare Züge solcher zeitlosen Gültigkeit. Geschickt versteckt sich der Zeigefinger des Pädagogen hinter strafenden Eselsohren und belohnenden Orden, im übrigen aber strotzen Collodis Abenteuer des Hampelmannes von bunter, saftiger Gegenständlichkeit. Walt Disney steuert dazu, wie im „Schneewittchen“ den „Zwerge-Komplex“, richtige Sondereinlagen wie den Spuk im Uhrenladen und den Ulk kn Walfischbauch bei und beweist damit von neuem seine einzigartige Sendung im Film von heute: uralte, duftige Märchenweisheit und -heiterkeit in die modernste technische Magie einzuschmelzen.

Die Vielfalt seines Könnens erweist er noch in anderem. Dem „Pinocchio" ist im Wiener Premierenprogramm eine farbige Naturreportage Die Robbeninsel“, gleichfalls von Walt Disney, vorgeschaltet, die zu dem Aufregendsten, Aufsehenerregendsten gehört, was das gesamte Kulturfllmschaffen bisher geleistet hat. Der unbändige Drang zur Erhaltung der Art, dargestellt in dem wütenden, urweltähnlichen Selbstbehauptungskampf der Seebärenhochzeiter, hat wohl noch niemals in einem Abbild der Natur einen so zwingenden, unheimlichen Ausdruck gefunden.

Es ist ein unermeßlich kühner, aber sinn- hafter Bogen, der sich von hier zum heiteren Spiel der vermenschlichten Puppen spannt.

Wir stehen gebannt vor Walt Disney, dem dieser Bogen scheinbar mühelos gelungen ist.

Das Osterprogramm der Wiener Lichtspieltheater erhält durch die öffentliche Aufführung zweier bisher nur in Sondervorführungen gezeigter religiöser Filme eine besondere Note. Es handelt sich um den französischen Film „Gott braucht Menschen“ und den italienischen Film „Himmel über den Sümpfen", die beide aus gegebenem Anlaß hier schon ausführlich gewürdigt wurden.

Das stärk ausgefahrene Genre des Zirkusfilms sprengt der russische Film „Sens a- tion im Zirkus kühn, beinahe rücksichtslos auf. Die Spielhandlung wird, ohne zu fackeln und zu packeln, der konzentriertesten Reportage geopfert, und siehe, es geht auch ohne Intrige und Eifersucht und die herkömmliche .Krampflösung im Käfig der Bestien oder der schaurigen Kuppel: „Sen sation im Zirkus“ ist ein Volltreffer, eine Sensation.

Im Rang des mittleren Spielfilms wickelt der französische Film „Treffpunkt Rio“ einen belanglosen Dreieckskonflikt ab, dessen Fäden allerdings in einem äußerst spannenden Zwischenfall euf einem Ozeanflug zusammenlaufen. Von einigem Interesse die Einblicke in Leistung und Umwelt moderner Zivilluftfahrt, von denen man sich mehr ge- . wünscht hätte. Von der Klaue des Regisseurs der „Symphonie Pastorale" und „Gott braucht Menschen ist hier nicht viel zu spüren.

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