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Mehr als nur ein hervorragender Banker

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Am 1. Mai ist Kommerzialrat Josef Melchart auf einer Dienstreise in Australien bei einem Autounfall tödlich verunglückt. Mit ihm ist ein allseits geschätzter Bank-fachmann, der Leiter der ältesten Wiener Privatbank, ein Mitarbeiter in vielen Wirtschaftsinstitutionen verlorengegangen. Die zahlreichen Todesanzeigen in den Zeitungen haben erst kundgetan, wo er überall mitgearbeitet hat und Mitverantwortung trug. Kommerzialrat Melchart aber war viel mehr als nur ein Banker.

Ich bin ihm bald nach dem Krieg über die Pfarrjugend in Wien-Baumgarten begegnet. Dort hat er, von einer lebendigen katholischen Jugendgruppe mitgetragen und von einem begnadeten Jugendkaplan, Johann Amon, geprägt, persönliches Verantwortungsgefühl für die Welt und Liebe zur Kirche gelernt. Er war mir immer ein imponierender Vertreter jener Kriegsund Nachkriegsjugend, die gerade aus dem Leben mit der Kirche und aus dem Glauben zu höchstem Einsatz motiviert wurde.

Ohne es selbst planen zu können, hat Kommerzialrat Melchart der Kirche in Österreich zu einer ganz neuen Form der Kapitalaufbringung verhol -fen. Vom legendären Kommerzialrat Ernst Klein, der zusammen mit Erz-bischof Jachym auf die Idee einer „Kirchlichen Aufbauanleihe" kam, gleich zu Beginn beigezogen, hat er später diese selbständig betreut, die

„Förderungs-AG" als ihren Rechtsträger geführt und sie, nach Veränderungen auf dem Kapitalmarkt und diesbezüglicher Gesetze weitblickend 1995 mit dem Bankhaus „Schelham-mer & Schattera" verschmolzen. Die Kirchliche Aufbauanleihe öffnete der Kirche in Österreich einen in der Kirchengeschichte ganz neuen Weg, ihr vielfach unveräußerbares Gut zwischenzeitlich durch eine Anleihe „flüssig" zu machen. Eine momentane Schuldenlast wurde durch langfristig rückzahlbare Darlehen auf Generationen verteilt. Erstmalig konnte man der Kirche mit Geld helfen, das man mit Zinsen wieder zurückbekam. Josef Melchart war ein sehr erfolgreicher Manager in unserer Leistungsgesellschaft, und doch hat er sich eine tiefe Menschlichkeit bewahrt und einen Sinn für's Leben, das ihm mehr war als Leistung und Gewinn. Das zeigt sein beispielhaftes Familienleben mit Gattin und sechs Kindern. Davon wissen seine vielen Freunde zu erzählen, für die er immer noch Zeit hatte. Das schätzen seine Bergkameraden, zu denen durch Jahre hindurch auch Erzbischof Jachym zählte.

Seiner Gattin Gerda, die den Unfall überlebte, und seinen Töchtern und Söhnen gilt unsere tiefempfundene Anteilnahme. Dem so geschätzten Toten selber aber sei herzlichster Dank gesagt für das, was er für so viele Menschen und auch für die Kirche getan hat und für sein so eindruckvolles Beispiel eines gelebten Glaubens mitten in der modernen Welt.

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