"Nur in Gott ist der Mensch selig"

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Erich Heintels theologisches Vermächtnis.

Das aus dem Nachlass herausgegebene Werk "Mündiger Mensch und christlicher Glaube" des vor fünf Jahren verstorbenen Philosophen Erich Heintel offenbart, dass dieser große, wenn auch heute im Auf und Ab der Moden und Zeitströmungen in den Hintergrund der Betrachtung gedrängte Philosoph nicht nur ein bedeutender philosophischer Systematiker, sondern auch ein Theologe von Rang war. Er war bekennender Lutheraner, allerdings ökumenisch gesinnt und in vieler Hinsicht katholisierend.

Kreiste Heintels philosophisches Denken um die Verständigung und Versöhnung von antiker Ontologie und Transzendentalphilosophie seit und nach Kant, so zentrierte sich sein theologisches Denken um den von Friedrich Wilhelm Schelling übernommenen Begriff des "gottsetzenden Bewußtseins". Freilich verwendet Heintel diesen Begriff in einem anderen, ja geradezu entgegengesetzten Sinn als die modernen Atheisten und Materialisten, die Gott nur als menschliche Projektion und Erfindung gelten lassen wollen und ihm den ontologischen Rang absprechen. Das "gottsetzende Bewußtsein" Schellings und Heintels ist demgegenüber das Gott nicht erfindende, sondern findende, zunächst aber suchende Bewusstsein des Menschen, der schöpfungsmäßig nicht nur von Gott stammt, sondern auf Gott hingeordnet und ihm zugeordnet ist. Bliebe es allerdings bei dieser Annahme, so läge zwar eine philosophisch-theistische Sicht der Welt vor, aber noch keine spezifisch christliche.

Erst durch die Einbeziehung der Christologie, der Lehre von der Inkarnation und Trinität, die in Form des dialektischen Denkens auch die gesamte philosophische Tradition durchzieht, wird Heintels Ontologie zu einer christlichen Theologie, die sich um die Aufarbeitung der kontroversen Traditionen und um die Beseitigung von Missverständnissen und Widersprüchen innerhalb des Christentums bemüht. Heintel lässt auch immer wieder durchblicken, ja führt es auch deutlich genug aus, dass theologische Spekulationen nicht Selbstzweck und Spielereien sind, sondern im Dienste dessen stehen, was der Schelling verwandte deutsche Philosoph Johann Gottlieb Fichte in seinen "Anweisungen zum seligen Leben" als Quintessenz seiner Philosophie niedergelegt hat: "Nur in Gott ist der Mensch selig". Ohne die theologische Dimension, die sich nicht in erster Linie in der Reflexion, sondern in der lebendigen Zuwendung des Geschöpfes zum Schöpfer, der der erwidernden Liebe des Menschen immer schon zuvorgekommen ist, erschließt, betrügt sich der Mensch um eine, ja die wesentliche Komponente und Vollendung seines Menschseins. Die Tatsache, dass es sich hiebei um einen nie ganz gelingenden Versuch, um etwas stets Unvollendetes handelt, tut dieser Relation ebensowenig Abbruch, wie die Tatsache, dass es sich bei Heintels Werk um ein Fragment handelt, dessen Bedeutung schmälert.

Mündiger Mensch und christlicher Glaube

Von Erich Heintel. Hg. von Stephan Haltmayer und Waltraud Heintel . Wiener Beiträge zur Philosophie. Beiträge zur philosophischen Forschung. Bd 8. Peter Lang Europäischer Verlag der Wissenschaften, Frankfurt 2004. 587 Seiten, 587 Seiten, e 89,-

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