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Die Hundert Tage

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Friedrich Sieburg, bekannt durch seine Schriften über Frankreich, Land und Leute, bringt diesmal einen durch Anekdoten und geflügelte Worte für das Publikum attraktiver gestalteten Band Exzerpte aus Memoiren und Geschichtswerken, ohne Erkenntnisse aus eigenem oder Quellenangaben, die sich nur bei als Autoritäten anerkannten Historikern erübrigen. Leider hat Friedrich Sieburg seine Kopien aus Publikationen — eigene Forschungsergebnisse waren nicht zu konstatieren — ohne die erforderliche Sorgfalt durchgeführt, manche Texte durch Zugaben oder Streichungen abgeändert. Die einzelnen Werke sind so ausgiebig benützt worden, daß es ein leichtes war, dieses spärliche Material zu übersehen, ln der Schilderung der Hundert Tage hat Sieburg die umfangreichen Forschungsergebnisse aus dem Wiener Staatsarchiv nicht berücksichtigt und auf diese Weise abermals den Beweis erbracht, daß alle ohne dieses für die napoleo'fiische Geschichte — die ägyptische Expedition und das spanische Abenteuer ausgenommen — bei größeren Arbeiten geradezu unentbehrliche Aktenmaterial verfaßten Werke wie das vorliegende lückenhaft und daher unbefriedigend bleiben. Abgesehen von den Literaturnachweisen in den Werken August Fourniers, Georges Lefėbvres, Marcel Dunans und Willy

Andreas’ und den Bibliographien Gustave Devois' und Friedrich Kircheisens hätte Sieburg in dem vierbändigen Handbuch der Geschichte Oesterreichs von Mathilde Uhlirz und im Band III der Metternich- Biographie Heinrich von Srbiks zahlreiche Werke gefunden, die ihn von manchen Irrtümern und Fehlurteilen abgehalten hätten. Er hätte etwas von den Versuchen Fouchės, Talleyrands für die im Namen des Sohnes Napoleons ausgeübte, von Kaiser Franz und dem Zaren schriftlich gebilligte Regentschaft zu gewinnen, erzählen können, von den Zusammenkünften. Fleurys de Chaboulon mit Baron Ottenfels in Basel, von der Sendung des mysteriösen Bankbeamten aus Wien an Fouchė. Unerwähnt blieben auch die Sendboten, welche Napoleon nach Wien sandte, um Metternich für sich und seinen Sohn zu gewinnen, gegebenenfalls Talleyrand und Metternich Millionenbeträge anzubieten. Vermeidbar wären auch manche irrtümliche Behauptungen über den Wiener Kongreß und die Haltung Marie-Louisens. Recht befremdend wirkt jedoch auf jeden denkenden Leser, wenn Friedrich Sieburg ohne irgendeine Unterlage mitteilt, was sich Napoleon bei dieser oder jener Gelegenheit gedacht und nachher für sich behalten hat. t

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