DIE RACHE IST MEIN. Theorie und Praxis der Todesstrafe. Von Arthur Ko est ler. Albert Camus, E. Müller-Meiningen jr., F. N o w a k o w-s k i. Ernst-Battenberg-Verlag, Stuttgart. 351 Seiten. Preis 14.80 DM.
Der dem ersten Buch Moses entnommene Titel spricht das Gewissen an, mit dem bekanntlich das Abendland begann, mit dem es steht und fällt. Die Todesstrafe ist ja eine Gewissensfrage, mag man noch so viel an rationalen Elementen in die nie endenden Diskussionen um sie einwerfen, geht es doch dabei um nichts
Geringeres als um die Würde des Menschen. Das Buch enthält die wesentlichsten Partien des erstmals in deutscher Übersetzung erscheinenden Werkes von Arthur Koestler, „Death by hanging“, durch das Koestler bedeutenden Einfluß auf die Zurückdrängung der Todesstrafe in England erlangte. Der Autor, 1937 knapp der Hinrichtung entrönnen, schreibt mit überlegener Einfühlungskraft. Von ähnlichem Abscheu gegen den Galgen beziehungsweise dem Fallbeil ist Albert Camus erfüllt, dessen Essay „Die Guillotine“ schon im „Monat“ abgedruckt wurde.
Müller-Meiningens tiefschürfender Beitrag kreist um die Frage „Soll die Todesstrafe in der Bundesrepublik wiederkehren?“ Besonders eingehend berichtet der
Autor über die Fehlbarkeit der Justiz, über die pervertierte Rechtsprechung des Hitlerreiches, über Willensfreiheit und Schuldfähigkeit. Prof. Nowakowski befaßt sich, last, but not least, mit der Todesstrafe in Österreich. Sie ist seit 1950 abgeschafft. Kein einziger Strafrechtslehrer oder Kriminologe, 60 berichtet er, hat sich in Österreich seit 1945 für die Todesstrafe ausgesprochen. Die Allgemeinheit urteilt allerdings anders. FPÖ-Abgeordnete haben zum Beispiel 1958 für ihre Wiedereinführung plädiert. Der Verzicht, so schreibt Nowakowski, verlangt die Überwindung affektiver Kräfte, die au den Triebkräften aufsteigen. „In einer solchen Überwindung besteht aber zu einem guten Teil der Fortschritt der Kultur überhaupt.“
