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Krimi, viktorianisch

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Krimi ist nicht gleich Krimi, wie jeder Liebhaber dieses Genres weiß. Manche Leser geben dem blutrünstigen, manche dem psychologischen Kriminalroman den Vorzug. Anne Perry erhebt den Ansprach, mit ihrem „Blauen Paletot” die Gattung um eine neue Unterordnung bereichert zu haben, sozusagen um den Krimi der dritten Art, nämlich um den historischen Kriminalroman.

Wir befinden uns im Viktorianischen England. Im Londoner Kolonialministerium besteht Verdacht auf Landesverrat. Mit den Ermittlungen wird Pitt, der Sohn eines Wildhüters, der es zum Oberinspektor gebracht hat, beauftragt. Er ermittelt aber nicht nur in diesem Fall, sondern, aus eigenem Antrieb, und zwar aus persönlichen Gründen, auch wegen zwei mysteriösen Todesfällen. Er vermutet Mord und wittert Zusammenhänge zwischen diesen Vorkommnissen und dem Treiben eines mächtigen Geheimbundes, des „Inneren Kreises”. (Anmerkung am Bande: Kommt etwas Ähnliches nicht auch in einem Roman von Edgar Wallace vor?)

Mit detailreichen Schilderungen der Atmosphäre, der Personen und ihrer Reaktionen entwickelt die Autorin einen altmodischen, der damaligen Zeit angepaßt scheinenden Stil. Dazu gehört auch die Beschreibung von gesellschaflichen Zwängen, von Upperclass-Attitüden und des Verhaltens von aufgeklärteren Exemplaren aus diesen Kreisen. Geschickt wird die Spannung aufrechterhalten. Die Sprache allerdings läßt, jedenfalls in der Übersetzung aus dem Englischen, manchmal zu wünschen übrig. Erik Vaim v

Wm der blaue paletot

Roman von Anne Perry Übersetzung: Susanne Hobel

Heyne Verlag. München 1997 400 Seiten, geb., öS 291

Armer Mercator ...

Daß man Statistiken manipulieren kann, ist eine Binsenweisheit, daß dies auch mit Landkarten möglich ist und geschieht, nicht jedem bekannt. Der amerikanische Geographieprofessor Mark Monmonier nennt viele Möglichkeiten. Im Kalten Krieg etwa wurden die Verzerrungen der Mercator-projektion benützt, um die Größe der Sowjetunion und damit die „Gefahr aus dem Osten” zu übertreiben. Entsprechende Vorgaben für die Daten-generalisierung lassen dasselbe Gebiet, ganz korrekt, einmal als dicht verbaut und ein andermal als Grünzone erscheinen. Bahngesellschaften ziehen in Prospekten gerade Linien, wo sich ihre Trassen wild durch die Gegend schlängeln. Manchmal bauen Landkartenverläge sogar absichtlich Fehler ein, damit man schwerer nachweisen kann, daß die Karte von einem anderen Verlag gestohlen wurde. Ein anregendes Buch!

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