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Pseudopsychologischer Film

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In der Vorankündigung des Films „Das verlorene Gesicht“ berufen sich die Hersteller auf einen parapsychologischen Fall, der sich im Jahre 1921 ereignete und untersucht worden sein soll: auf dem Schloßplatz in Stuttgart wurde eine mongolisch aussehende junge Frau aufgefunden, die eine seltsame Sprache redete, weder Deutsch verstand noch sprach und sich mit ihrer Umgebung völlig unvertraut zeigte. Gelehrte versuchten, die Heimat der rätselhaften Unbekannten zu agnoszieren, und die Anthroposophische Gesellschaft, die eine Sensation witterte, nahm sich der jungen Frau an. — Während diese sich allmählich ihrer neuen Umgebung anpaßte und im Begriffe stand, sich mit einem Stuttgarter Kaufmann zu verloben, verloren sich plötzlich die äußeren Rassenmerkmale — angeblich innerhalb von wenigen Stunden! —, der junge Freier stand plötzlich vor einem völljjg verwandelten Menschen — und die junge Frau gab sich selbst als das Dienstmädchen Frieda aus Schaffhausen zu erkennen. — Soweit das Motiv, welches den von Kurt Hoffmann nach einem Buch von Harald Braun und Kurt Reißmann gedrehten Film der „Neuen Deutschen Filmgesellschaft“, München, angeregt hat.

Doch macht der Vorspann des Streifens einen vielsagenden Rückzieher, indem als Grundlage zu dem Film nur noch „von einigen merkwürdigen Ereignissen zwischen 1920 und 1930“ die Rede ist, auch die wissenschaftlichen Mitarbeiter werden nicht erwähnt. Aus dem Schaffhausener Dienstmädchen machte der neue Film die Kunstphotographin Johanna Stegen (Marianne Hoppe), um deren Schicksal drei Männer bemüht sind: der geheimnisvolle Robert Lorm (Richard Häußler), der sich in die schöne Exotin verliebt hat, sie durch ihre Verwandlung in eine Europäerin verlor und nun ihre (zweite) Rückverwandlung anstrebt; der Freund und Verlobte der jungen Dame, der unter fernhypnotischem Zwang zum unfreiwilligen Werkzeug Lorms wird; und schließlich ein menschenfreundlicher und lebenstüchtiger Redakteur, dem nichts verborgen bleibt und der als hilfreicher Detektiv alles ins richtige Geleise bringt. Diese Verwandlung und Rückverwandlung — durch Schock — bildet das eine Hauptmotiv, während das zweite — die ein wenig breit und kriminalistisch geratene Nebenhandlung — die Fernhypnose ist. Mag diese nun in der vom Film gezeigten Art durchführbar sein oder nicht: es muß dem Streifen zugute gehalten werden, daß die Gefährlichkeit solcher gewaltsamer seelischer Eingriffe überzeugend dargetan wird. Die Behandlung des ersten Themenkreises läßt zwar einen gewissen Ernst nicht vermissen, gleitet aber an entscheidenden Stellen doch mehrmals ins Kolportagehafte ab und vermag auch künstlerisch nicht ganz zu befriedigen. Die gepflegte Bildtechnik und die stellenweise recht suggestive Musik Lothar Brühnes verdienen hervorgehoben zu werden.

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