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Warum Neger wüten

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Nicht allzuviele weiße Amerikaner haben genügend Einfühlungsvermögen, um den Amoklauf der Neger von Watts, eines Stadtteiles von Los Angeles, verstehen zu können. Ihre Empörung ist daher nicht von des Gedankens Blässe angekränkelt. Infolgedessen hat der Aufruhr der Farbigen weit über die Grenzen Kaliforniens hinaus unabsehbaren Schaden für die Beziehungen zwischen den Rassen angerichtet.

So mancher Weißer, der sich seine Rassenvorurteile nicht eingesteht, wird der Feststellung eines Vorkämpfers für die Benachteiligung der Neger, des Gouverneurs Faubus von Arkansas, zustimmen: „Man hat prophezeit, daß sich so etwas ereignen würde, falls nicht alle Bürgerrechtsgesetze durchgebracht würden. Sie wurden durchgebracht, weitere kamen hinzu, und trotzdem passierte es.“ Andere, die sich für objektiv ansehen, werden sich auf Eisenhower berufen. Mit seiner üblichen olympischen Gelassenheit erklärte der Expräsident, der Aufstand beweise die zunehmende Verachtung des Gesetzes im Lande. „Man befolgt nur noch die Gesetze, die man billigt, und mißachtet jene, die einem nicht passen.“ Jene wiederum, die nichts fürchten als Gott und den Kommunismus, werden dem Missionar Billy Graham,

der spät zu den Anhängern der Gleichberechtigung stieß, beipflichten. Er erblickt die Generalprobe für eine gut organisierte Verschwörung, die, bei einem gleichzeitigen Ausbruch solcher Aufstände in 40 Großstädten, die gesamte bewaffnete Macht der USA paralysieren könnte.

Nichts als ein Mann

Möglicherweise enthalten alle diese Erklärungen ein Körnchen Wahrheit. Aber treffen sie den Kern der Sache? Während des Höhepunktes der Unruhen sah Ihr Korrespondent, weit von Los Angeles entfernt, den Film „Nothing but a man“ („Er ist nichts als ein Mann“). Dieser mit einfachen Mitteln glänzend gemachte Film spielt im Milieu südlicher Neger. Er zeigt, wie diese in ihrer Entwicklung verkrüppelt sind, einerseits infolge des Verfalles ihrer Familie und anderseits infolge der Mißachtung der Weißen, die dabei gar nicht immer gewollt bösartig ist. Eine der markantesten Szenen in dem Film handelt von einem Weißen, der in einer Sägemühle mit Negern zusammenarbeitet. Er bildet sich ein, freundlich zu sein, wenn er zu seinen schwarzen Kollegen in einer Weise spricht, wie er sie sich bei Weißen nie erlauben würde.

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