Auch der virtuelle Krieg fordert Menschenleben

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Der Golfkrieg war der erste Krieg des medialen "Echtzeit"-Zeitalters. CNN brachte die Bombeneinschläge in Bagdad live in viele Wohnzimmer: Was 1991 begann, setzte sich mit Bosnien, Serbien, dem Kosovo fort. Krieg ist nicht nur mehr die gewaltsame Fortsetzung von Politik, sondern auch und vor allem eine Inszenierung fürs Fernsehen.

Schon das Timing der Anschläge aufs World Trade Center verriet minuziöse mediengerechte Planung. Die Zeitspanne, die zwischen den beiden Flugzeugabstürzen in New York verstrich, war so berechnet, dass weltweit die Live-Berichterstattung anlaufen konnte, ehe das zweite Flugzeug in die Twin Towers raste.

In all diesen Auseinandersetzungen sind die Beteiligten darauf bedacht, die Weltmedien zu nutzen. Nicht mehr, was geschieht, ist Gegenstand nachhaltiger Berichterstattung, sondern wovon es Bilder gibt, davon wird erzählt.

In der ersten Nacht nach den Terroranschlägen ging ein und dieselbe Bildsequenz jubelnder Palästinenser x-mal über die Bildschirme der Nachrichtensendungen. Wieviele Jubler da waren, und wo sie jubelten, ob sie zufällig einer Kamera ins Bild gelaufen waren, oder ob Reporter, die eine Story anbieten wollten, nach jubelnden Menschen Ausschau gehalten hatten, um den allgemeinen "Hunger" der Nachrichtenbranche nach Bildern fanatisierter Massen zu stillen: All das wurde nicht nachgefragt und nicht klargestellt.

Die Militärs, die Afghanistan angreifen, erzählen den Medien und über die Medien ihre Geschichten: Dass sie nur militärische Ziele treffen und für die Zivilbevölkerung Essenspakete abwerfen. Die Taliban zählen die Toten. Niemand kann sagen, welche Zahlen und welche Meldungen stimmen. Auch wieviele Videos Osama bin Laden aufgezeichnet hat, weiß niemand: Wieviele unterschiedliche Versionen des "Willen Gottes" hat er für eventuelle Übertragungen vorbereitet?

Der Terror und die Kampfaktionen dagegen sind zu einem virtuellen Spiel mit den elektronischen Medien geworden. Doch der Ernst der Lage ist nicht virtuell: Menschen sterben dabei. Wie eh und je.

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