Berliner Bezirks-Drama

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Das Vorspiel: Er war der Gottseibeiuns der Springer-Presse und gilt heute noch der rechten Reichshälfte als einer, der die deutsche Gesellschaft zu Gewalt aufgestachelt habe. Rudi Dutschke und die Seinen wiederum sahen in der Springer-Publizistik das Feindbild schlechthin: "Enteignet Springer!" war der Kampfruf der 68er. Dutschkes Anhänger machten überdies Artikel der Bild-Zeitung fürs Attentat auf ihren Guru 1968 verantwortlich, an dessen Folgen der Studentenführer elf Jahre später starb.

Das Drama: Vor neun Jahren wurde - unter anderem auf CDU-Betreiben - ein Straßenstück vor der Berliner Springer-Zentrale zur Axel-Springer-Straße. Jetzt machte die linke Berliner taz den Vorschlag, einen anderen Weg-Teil vor dem Springer-Hochhaus "Rudi-Dutschke-Straße" zu nennen. Die beiden nach den Polit-Feinden benannten Verkehrsflächen würden einander kreuzen. "Politische Geschmacklosigkeit" so die Berlins cdu-Meinung dazu, dagegen Anklang bei der Grünen-Chefin Claudia Roth sowie den Schriftstellern Adolf Muschg und Walter Jens: Die Straßenbenennung könne ein "Zeichen für die Versöhnung zwischen verfeindeten Lagern" sein. Auch die pds des zuständigen Berliner Bezirks sprang auf.

Das Nachspiel: So bald wird Axel Springer aber doch noch nicht - straßenmäßig - auf Rudi Dutschke treffen. Denn ausgerechnet die dem weiland Studentenrevolutionär ganz und gar nicht übel wollenden Grünen des Bezirks Kreuzberg-Friedrichshain legen sich quer: Die haben nämlich beschlossen, erst dann wieder Straßen nach Männern zu benennen, wenn es im Bezirk genauso viele Frauen- wie nach Männer-Straßennamen gibt. Das wird aber noch lange, lange dauern.

Axel Springer kann also weiterhin ruhig im Grabe liegen bleiben und muss sich darin nicht umdrehen, weil ihm die böse Nachwelt eine nach Rudi Dutschke benannte Gasse direkt an der Straße seines Namens zumutet.

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