Die unfeine Gesellschaft

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"Kurz davor ist es passiert": Anja Salomonowitz' exemplarischer Film über Frauenhandel.

Frauenhandel ist auch hierzulande ein - meist verstecktes - gesellschaftliches Skandalon: Man weiß davon, will aber meist nichts darüber wissen. Anja Salomonowitz' Semi-Dokumentarfilm Kurz davor ist es passiert führt - formal wie inhaltlich - exemplarisch vor, wie das heikle Thema authentisch und diskret "inszeniert" werden kann. Wenig überraschend, dass die Regisseurin den Wiener Filmpreis und bei der Berlinale den Caligari-Preis einheimste.

Ein Zollbeamter, eine Nachbarin, der Kellner eines Bordells, eine Diplomatin, ein Taxifahrer - erzählen die Geschichten der Frauen. Insbesondere wenn es Männer sind, die ihre Stimme der Frauenerzählung leihen, entwickelt der Film eine Künstlichkeit voller Ungeschminktheit.

Frappierend, dass nicht nur "übliche" Geschichten zur Sprache kommen (Freund/Verwandter "verscherbelt" eine junge Frau - vorzugsweise aus dem Osten - an hiesigen Nachtclub), sondern dass auch die "feine" Gesellschaft entlarvt wird: Wer machte sich bislang Gedanken, dass auch die Haushaltshilfe eines Drittwelt-Botschafters Opfer von Frauenhandel ist, indem sie in dessen Haushalt wie eine Sklavin gehalten und dann wie ebensolche wieder zurückgeschickt wird.

Nicht nur für Cineasten ein Muss, wie Salomonowitz die Geschichten nacherlebbar macht, ohne die betroffenen Frauen im Bild zeigen oder im O-Ton reden lassen zu müssen.

KURZ DAVOR IST ES PASSIERT

A 2006. Regie: Anja Salomonowitz. Verleih: Poool. 72. Min.

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