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Steht die Videokassette vor dem Aus? Der ungeahnte Erfolg des neuen Bildträgers DVD spricht dafür.

Da staunt der Laie wahrhaftig, und der Fachmann wundert sich und kann es noch gar nicht begreifen - aber: Das System DVD, vor fünf Jahren noch als Gag oder Ausrutscher belächelt, hat in den USA einen einmaligen, nie erwarteten Siegeszug angetreten, sodass jetzt bereits davon gesprochen wird, das endgültige Aus für Videokassetten sei eingeläutet worden.

Die neueste Statistik: Im Jahr 2002, so eine Industrieprognose, werden die Amerikaner nahezu drei Milliarden Dollar ausgeben, um DVDs zu kaufen. Das ist binnen einen Jahres ein Zuwachs von 50 Prozent. Einige der neuesten Hollywoodfilme - etwa "The Fast and the Furious" oder "Training Day" - haben den Studios in ihrer DVD-Version mehr Gewinn eingespielt, als an den Kassen der Premierenkinos verzeichnet wurde.

Erstmals auch wurden in diesen Tagen mehr DVDs als Videos gekauft, obwohl nur ein Drittel aller US-Haushalte über einen DVD-Spieler verfügt - 90 Prozent der Haushalte dagegen haben ein Videogerät. Ende des Jahres 2002 dürften, so "Adams Media Research", 40 Prozent der US-Haushalte einen DVD-Spieler besitzen.

Auf PCs abspielbar

Wenn man zudem in Rechnung setzt, dass viele PCs und Laptops über einen DVD-Drive verfügen und dass DVDs auch mit den modernen Spielesystemen gezeigt werden können, sind bereits weit über die Hälfte der US-Haushalte in der Lage, Filme auf DVD abzuspielen.

Die amerikanische Einzelhandelskette "Circuit City", auf Elektronik spezialisiert, hat soeben angekündigt, dass sie demnächst den gesamten Verkauf von Videokassetten einstellen wird. Angeboten werden dann nur noch DVDs. Marketing-Experten in Chicago erwarten einen gleichen Schritt von "Wal-Mart".

DVDs (Digital Videodiscs, Filme auf Diskette) gibt es erst seit 1997. Ein DVD-Abspielgerät kostete damals rund 700 Dollar. Das galt als "unüberwindliche Hürde", so ein Einzelhändler damals, und er sagte voraus: "DVD wird 20 Jahre benötigen, um Fuß zu fassen - wenn das denn überhaupt gelingt."

Inzwischen kostet ein DVD-Spieler nur noch zwischen 100 und 200 Dollar und für das kommende Weihnachtsgeschäft wird es Angebote geben, die um 60 Dollar liegen, meinen Experten des amerikanischen Einzelhandels. Tom Adams von "Media Research" dazu: "Es macht sich bezahlt, dass DVD-Geräte nun auch in China produziert werden. Dadurch wurden die Japaner gezwungen, ihre Preise zu senken."

Entscheidend zur superschnellen Etablierung des DVD-Systems haben auch Hollywoods Filmemacher beigetragen. Sie bedienen sich des neuen Mediums in einer Weise, die überrascht: Selbst die neuesten Hollywood-Streifen werden in DVD-Form angeboten, in vielen Fällen sogar, bevor entsprechende Videos zur Verfügung stehen. Der Verleih "New Line Cinema" schätzt, dass etwa "Der Herr der Ringe" in einer neuen Version zu 65 Prozent als DVD, nur zu 35 Prozent als herkömmliches Video gekauft wird. Für die Filmindustrie spielt auch der Kostenfaktor eine Rolle: Einen Film als DVD herauszubringen ist 50 Prozent billiger, als ihn per Video anzubieten.

"Die Filmpremiere in einem Kino ist heutzutage meist nur als Werbung für eine DVD oder ein Video anzusehen", urteilt Martin Greenwald, "aufgrund der Kritik in Zeitungen oder Fernsehen entscheidet der Verbraucher, ob er sich den Film für den Heimgebrauch anschafft."

Greenwalds Firma "Image Entertainment" produziert DVDs und Popmusik. Ein Beispiel ist der Film "Training Day", für den Denzel Washington einen "Oscar" erhielt: Bis Ende Juni hatte der Streifen in US-Kinos 76,3 Millionen Dollar eingespielt, durch Verkäufe der DVDs oder deren Verleih aber wurden 86,1 Millionen Dollar vereinnahmt.

Video-Verleih: minus 22 Prozent

Die immer dominierendere Rolle der DVD führt auch zu Änderungen im Verleihgeschäft. Der Verleih von Filmen auf DVD war im ersten Halbjahr 2002 gegenüber dem vergleichbaren Zeitraum des Vorjahres um 116 Prozent gestiegen. Gleichzeitig ging der Video-Verleih um 22 Prozent zurück.

Gehen Videos deshalb den Weg der Schallplatte, die von der CD nahezu vollständig verdrängt wurde? Benjamin Feingold von der Columbia Tri-Star Motion Picture Group Hollywood sagt dazu: "Ich glaube, dass es binnen 24 Monaten schwer sein wird, noch viele Filmtitel als Video zu finden."

Im vergangenen Jahr gaben Amerikaner 10,3 Milliarden Dollar aus, um sich Filme für den Hausgebrauch anzuschaffen. 52 Prozent dieser Summe entfielen bereits auf DVDs. Im laufenden Jahr dürften 12,4 Milliarden für die heimische Filmunterhaltung ausgegeben werden, 65 Prozent davon für DVDs.

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