Gegrapscht und abgeblitzt

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War es eine Montage? Eine optische Täuschung? Oder hatte er es tatsächlich gewagt, vor laufender Kamera die Hand seines Vis-à-Vis zu tätscheln? Die Zeitlupe bringt das Unfassbare ans Tageslicht: er hat. Deutschlands schillerndster, braun gebranntester, rhetorisch brillantester, angriffigster und in dieser superlativen Häufung wohl unsympathischster Moderater, Michel Friedman, hat es nicht nur geschafft, am 22. Juli in Jerusalem mit Israels Premier Ariel Scharon für seine halbstündige Plaudershow an einem Tisch zu sitzen, sondern ihm auch näher zu kommen, als jedem General lieb sein kann.

Zum Leidwesen des ARD-Publikums, das der intimen Szenerie vergangenen Mittwoch in Friedman ansichtig wurde, blieb die Tuchfühlung allerdings aufs rein Körperliche beschränkt. Inhaltlich entzog sich Scharon den Zudringlichkeiten des TV-Inquisitors. So oft Friedman auch seine Frage wiederholte, wie jener "schmerzliche Kompromiss" aussehen könnte, den Israel "um eines echten oder dauerhaften Friedens" willen einzugehen bereit sei: Scharon verharrte eisern im Unverbindlichen - mit einem Lächeln auf den Lippen. Nur eines entgegnete der israelische Premier gleich einem Mantra: "Was unsere Sicherheit betrifft, werden wir uns auf keinen anderen verlassen." Auch hinsichtlich der israelischen Siedlungspolitik zeigte sich Scharon kompromisslos: "Ich sehe keinen Grund, diese Frage zum gegenwärtigen Zeitpunkt zu behandeln", wimmelte er den zudringlichen Interviewer ab.

Die Enttäuschung über die Halsstarrigkeit des israelischen Regierungschefs wog angesichts der hohen Erwartungen an dieses Gespräch doppelt schwer: Vorab publizierte Äußerungen Scharons über eine "Erneuerung" der Beziehungen Israels zu Österreich hatten die Sendung einem breiten Publikum schmackhaft gemacht. Leider blieb dieser vielzitierte "Sager" zum Schluss der Doppelconference die einzig konkrete Wortspende. Eine karge Ausbeute - und eine neue Erfahrung für Michel Friedman: Manch einer ist eben sowohl gegen allzu direkte Fragen als auch gegen allzu direktes Grapschen immun. DH

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