Krieg gegen schlechte Kritik

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Im Roman "The War of the Worlds" von H.G. Wells kämpft die Welt gegen üble Marsianer. In Steven Spielbergs Verfilmung "Krieg der Welten" ist die Schurkenrolle den Konsumenten zugedacht.

Film ist immer auch ein Dokument von Weltbildern. In "Krieg der Welten", dem Filmklassiker aus dem Jahr 1953, spiegelt sich die damalige Angst der usa vor dem Kommunismus. Auch das aktuelle Remake durch Steven Spielberg lässt sich als Ausdruck einer zeitgenössischen Paranoia lesen: der Angst der us-Filmindustrie vor ihren Konsumenten. Denn die Internet-Tauschbörsen, auf denen so gut wie jeder aktuelle Streifen kostenlos erhältlich ist, stellen eine ernsthafte Bedrohung für die Filmindustrie dar. Die so genannten Raubkopierer drohen das traditionelle Geschäftsmodell Hollywoods ebenso in Schutt und Asche zu legen wie die perfiden Aliens die amerikanischen Städte in "Krieg der Welten".

Daher haben die Produktionsfirma und der Filmverleih präventiv einen Krieg gegen die Konsumenten eröffnet. Denn es hat sich gezeigt: Bei einem guten Film strömen auch jene ins Kino, die sich eine Kopie aus dem Internet gezogen haben. Bei schlechten Filmen hingegen bleiben die Besucher zunehmend aus, denn Mundpropaganda verbreitet sich im Global Village ungemein schnell. Warum nicht gleich jede Berichterstattung im Vornherein unterbinden, scheinen sich Paramount und United International Pictures gedacht zu haben und verhängten ein weltweites Presse-Embargo über "Krieg der Welten". Die wenigen Filmkritiker, die den Film vor dem Starttermin ansehen durften, mussten einen Knebelvertrag unterschreiben, vor dem Kinostart vergangene Woche keine Rezension zu veröffentlichen. Ein schwerer Angriff auf die Pressefreiheit, der einen Verdacht aufkommen lässt: Muss sich der Film vor Kritik verstecken?

Ganz klar: Für das Massenpublikum, das sich hier einen heldenhaften Kampf der Menschen gegen die Außerirdischen erwartet, ist der Film zu düster. Allzu beklemmend die apokalyptische Vision, die darin gipfelt, dass die Überlebenden (darunter Tom Cruise und Dakota Fanning als dessen Tochter) von den unbesiegbaren Kriegsmaschinen der Aliens eingesammelt werden, um zu Dünger verarbeitet zu werden. Der Terror des 11. September liegt wie der Staub der zerborstenen Gebäude und zerpulverten Menschen auf "Krieg der Welten". Propagandaparolen und Cowboy-Mentalität, personifiziert in einer von Tim Robbins verkörperten Figur, haben keine Chance.

Diese gewissermaßen unamerikanischen Elemente und die gekonnt inszenierte Spannung gehören eindeutig zu den Stärken der Verfilmung des 1898 veröffentlichten Romans "The War of the Worlds" von H. G. Wells, der von Orson Welles 1938 als Hörspiel in Form einer fiktiven Reportage inszeniert wurde - und in New Jersey und New York eine Massenpanik auslöste. Dem gegenüber stehen im Film einige schwere Ungereimtheiten: Warum um Himmels willen laufen die hochzivilisierten Aliens, noch dazu wenn sie in kriegerischer Mission unterwegs sind, splitternackt durch die Gegend? Und natürlich das abrupte, kitschige Ende, mit dem Spielberg wieder einmal Glanz und Glorie der amerikanischen Kleinfamilie zelebriert.

Kurzum: kein schlechter Film, aber keiner, den man sofort sehen muss. Man kann daher getrost warten, bis er ins Free-tv kommt, und somit die bedenkliche Politik der Produktions- und Verleihfirma abstrafen.

KRIEG DER WELTEN

The War of the Worlds

USA 2005. Regie: Steven Spielberg. Mit Tom Cruise, Dakota Fanning, Justin Chatwin, Tim Robbins. Verleih: UIP. 116 Min.

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