Schnell, schnell, noch vor dem 24. November: "Haider lebt - 1. April 2021": Wer noch nicht ahnt, was mit Jörg Haider & Co anno 2021 passiert, erfährt es hier.
Es war einmal ein Land (... liegst dem Erdteil du inmitten und so weiter), das seit 55 Jahren von vier Mächten besetzt ist und unbändig seine Freiheit will: Der Bundeskanzler vulgo Josef Meinrad erklärt kurzerhand die Unabhängigkeit von den Besatzern; Strafe muss dann sein, und die Präsidentin der Weltregierung vulgo Hilde Krahl landet zur Strafexpedition mit einem Raumschiff vor Schloss Schönbrunn. Doch unter Mithilfe aller, wirklich aller österreichischen Schauspieler von Rang (von Hans Moser bis Waltraud Haas und Curd Jürgens) geschieht das Unmögliche: Österreich wird gerettet und Josef Meinrad und Hilde Krahl enden als Paar. "1. April 2000", so lautet der 1952 von der damaligen Bundesregierung mitfinanzierte "Science-Fiction-Film", der so weit jenseits aller ästhetischen Kritereien liegt, dass er bis heute Kultstatus genießt.
50 Jahre später hat sich der österreichische Schauspieler und Filmemacher Peter Kern mit der Low-Budget-Produktion "Haider lebt - 1. April 2021" an eine Fortsetzung gemacht - auch mit einigen Celebrities, diese allerdings ausnahmslos aus der linken Reichshälfte und naturgemäß ohne Unterstützung der schwarzblauen Koalition.
Schnell, schnell, noch vor dem 24. November muss dieses Opus in die Kinos: Österreich anno 2021 ist von den USA besetzt, der Dollar ersetzt den Euro und die Österreicher dürfen bloß Hochdeutsch, keinen Dialekt sprechen (nur im Dinosauriersaal des Naturhistorischen Museums treffen sich ein paar Subversive und wagen die Pflege alpenländischen Idioms). Jörg Haider, Kanzler von 2003 bis 2020, scheint verschollen, Wolfgang Schüssel vulgo Günter Tolar ist seit 2003 Pensionist und eine traurig-nymphomane Gestalt namens Susanne RiessPasser kommt jeden Tag zur Pestsäule am Graben: Dort wird sie vom deutschen TV-Reporter Kaiser aufgespürt, der sich am Filmende als Missing Link zu Jörg Haider entpuppt. Die Reste der Sozialdemokratie wurden in ein Heim im Helental entsorgt, die letzten Mohikaner der Roten (Johannes Thanheiser, Hilde Sochor) fristen dort kiffend ihre Tage. In Gastrollen treten Peter Turrini, Robert Schindel oder Marlene Streeruwitz bei der Kirche Maria Grün im Wiener Prater auf, wo sie ihre eigenen Bücher auswendig lernen ...
"1. April 2021" ist, wie der Name sagt, mehr Aprilscherz denn Film, der bemüht dahindeliriert, bis zum Schluss der entfesselte und vergreiste Schüssel-Tolar die ganze FP-Sippschaft erschießt. Geschmacksgrenzen werden dabei ebensowenig beachtet wie die Erkenntnis, dass "provokant" nicht gleich "originell" ist.
Wenn, dann muss man den Film vor den Wahlen sehen, bald danach - so unsere Prognose - wird über diesem Film ebenso wie über einigen seiner Protagonisten der Schleier des Vergessens liegen.
Haider lebt - 1. April 2021
Österreich 2002. Buch und Regie: Peter Kern. Mit: August Diehl, Christine Kaufmann, Traute Hoess, Paulus Manker,
Hilde Sochor. Verleih: Einhornfilm. 80 Min.
