Ein Land sehnt sich nach Anerkennung
Der utopische österreichische Film "1. April 2000" wirkt nicht nur dieses Datums wegen wieder aktuell.
Der utopische österreichische Film "1. April 2000" wirkt nicht nur dieses Datums wegen wieder aktuell.
Die Sonne scheint auf alle gleich - warum nicht auch auf Österreich?" So aktuell der Text klingt, er stammt aus dem schon 1952 gedrehten Film "1. April 2000". Dank dieses nun tatsächlich heranrückenden Datums holt man dieses typisch österreichische Produkt endlich wieder aus den Archiven. Und das just zu einem Zeitpunkt, wo die Realität die Utopie im Film fast wieder eingeholt hat: Österreich in Isolation, mißtrauisch beäugt von der Welt, zumindest von den Politikern in den meisten Staaten Westeuropas.
Die Handlung basiert auf der Annahme, Österreich sei auch noch im Jahr 2000 ein von Russen, Briten, Franzosen und Amerikanern besetztes Land, ein neuer Ministerpräsident (Josef Meinrad) anerkenne jedoch das Viermächtestatut nicht mehr und fordere uneingeschränkte Souveränität für sein Land. Daraufhin landet eine von der Präsidentin der Weltschutzkommission (Hilde Krahl) angeführte Delegation und stellt den vermeintlichen Brecher des Weltfriedens zur Rede. Mit einem großen Rückblick in die Geschichte gelingt allerdings den Österreichern der Beweis, daß sie ein friedliebendes Volk sind, vor dem sich niemand fürchten muß. So bricht endlich im Jahr 2000 die Stunde der Freiheit an.
Mit dem Film erwachen im Autor dieser Zeilen Jugenderinnerungen, die auch etwas über den Stellenwert des Streifens aussagen. An unserem Gymnasium wurden alle Schülerinnen und Schüler zwecks zeitgeschichtlicher Bildung zumindest einmal im Jahr gemeinsam in ein nahegelegenes Kino geführt und dort mit einschlägigen Spielfilmen konfrontiert: "1. April 2000" stand dabei in einer Reihe mit Werken wie "Schachnovelle", "Die letzte Brücke", "Jacobowsky und der Oberst" oder "Der längste Tag".
Natürlich hat der von Karl Ehrlich für die Wien-Film produzierte Streifen stark gängige Klischees vom Heurigen bis zur Spanischen Hofreitschule hervorgehoben, natürlich ließen sich die Drehbuchautoren Ernst Marboe und Rudolf Brunngraber und der Regisseur Wolfgang Liebeneiner sehr viel einfallen, um die Aussage des Films - gleiches Recht für Österreich - in viel Humor und Gefühl zu verpacken, was Prädikaten wie "anspruchsvoll" meist hinderlich ist. Aber das ändert nichts daran, daß hier weit mehr als ein Unterhaltungsfilm gelungen ist. Der Film entstand übrigens im Auftrag der damaligen österreichischen Bundesregierung und spielte bis zum Sommer 1958 nicht einmal die Hälfte der zehn Millionen Schilling Herstellungskosten ein.
Nicht nur wegen des Großaufgebotes der damals beliebtesten Film- und Bühnengrößen (mit Judith Holzmeister, Curd Jürgens, Marianne Schönauer, Waltraut Haas, Hans Moser, Paul Hörbiger, Alma Seidler und Fred Liewehr sind neben Krahl und Meinrad nur die allerwichtigsten genannt) ist "1. April 2000" ein absolut sehenswerter Film, sondern weil er wirklich ein zeitgeschichtliches Dokument ist, das die Sehnsucht nach dem 1955 endlich erreichten Staatsvertrag und den damaligen "Schulterschluß" zu diesem Zweck widerspiegelt. Darüber hinaus wird hier auf liebenswerte Art entlarvt, wie sich die Österreicher gerne selbst sehen und gesehen werden wollen.
Ob man jenen europäischen Politikern, die derzeit mit Österreich so streng ins Gericht gehen, den "1. April 2000" zum besseren Kennenlernen unserer Mentalität empfehlen sollte?
Am 1. April 2000 läuft der gleichnamige Film um9 Uhr 30 in ORF 2, präsentiert um 20 Uhr das Filmarchiv Austria (1020 Wien, Obere Augartenstraße 1) im Wiener Imperial Kino (1010 Wien, Rotgasse 9) ein Video des neu restaurierten Films und ein Buch dazu. Informationen: (01) 216 13 00.
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