Michael Moore, ganz krank

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"Sicko", die nächste Filmpolemik à la Moore, stellt die profitgeile US-Gesundheitsindustrie an den Pranger.

Michael Moore benutzt für seine "Dokumentarfilme" dieselbe Sprache und dieselben Methoden, die auch seine Gegner verwenden. Bisher waren das die US-Waffenlobby ("Bowling For Columbine") und George W. Bush ("Fahrenheit 9/11"), mit denen sich Moore einen filmischen Schlagabtausch lieferte.

Moore ist ein Kinoverführer mit Hang zum skeptischen Patriotismus. Sein neuer "Dokumentarfilm" heißt "Sicko" und beleuchtet das marode US-Gesundheitssystem. Wieder polarisiert Moore lieber, als sich auf die reine Faktenlage zu verlassen, wieder mischt er ein wildes Potpourri aus Fakten und Behauptungen zusammen: "Sicko" schlüsselt anhand zahlreicher Einzelbeispiele und gewohnt bissig die Strategien der US-Versicherungsindustrie auf. 50 Millionen Amerikaner sind ohne Krankenversicherung, viele können sich die exorbitanten Kosten nicht leisten oder werden von ihren privaten Krankenversicherungsanstalten zu teuren Behandlungen nicht zugelassen. Die Branche ist zuallererst gewinnorientiert, der Mensch ist zweitrangig.

Moore wagt einen Blick in die EU, wo jeder Bürger im Spital gratis behandelt wird. Dass die Behandlung auch hier nicht "gratis" ist, weiß jeder, der die Höhe seiner Sozialversicherungsbeiträge kennt. Doch Moore spart Details wie diese gewohnt aus.

Sogar im kommunistischen Kuba, dort, wo der "Teufel" Castro herrscht, ist die medizinische Versorgung gratis und passiert auf höchstem Niveau, wie Moore anhand einer Reise nach Kuba zusammen mit kranken US-Bürgern illustriert.

Eine irrwitzige Idee zwar, jedoch dient sie Moore lediglich als Quotenbringer: Denn der Filmemacher spielt gekonnt (und unterhaltsam) die Gewinner gegen die Verlierer aus, mit dem Ziel zu provozieren. Die Profitgier mit den sozialistischen Wundern der Revolution zu konfrontieren ist dreist, mutig, aber letztlich hanebüchen.

Einen sauber recherchierten, faktisch korrekten Film hätte ohnehin niemand von Moore erwartet. Jedoch wird nach "Sicko" klar: Nicht nur die Politiker, sondern auch die Michael Moores dieser Welt müssen erst lernen, dass Wahrheit nicht mit Polemik verwechselt werden darf. Immerhin: Dank Moore gibt es jetzt nicht nur die Wahrheit der Politik. Sondern es gibt ihrer zwei.

SICKO

USA 2007. Regie: Michael Moore.

Verleih: Senator. 113 Min.

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