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Der Film Dancer in the Dark des Dänen Lars von Trier mit der isländischen Popsängerin Björk in der Hauptrolle wurde - vor einigen Monaten - von Europas Filmkritik gefeiert. Es entzieht sich unserer Kenntnis, wie in den USA die Reaktion auf den Film war, der auch ein leidenschaftliches und bis ans Äußerste der Gefühle gehendes Plädoyer gegen die Todesstrafe darstellt. Die Grenze der Erträglichkeit erreicht der Film, wo er die Hinrichtung der blinden Metallarbeiterin Selma zeigt: Wie in den USA üblich, wohnt dieser Exekution Publikum bei, darunter die Ehefrau des Ermordeten, wegen dem Selma - unschuldig - hängen muss.

Dancer in the Dark ist bloß ein Film, aber leider nicht wirklichkeitsfremd: Hinrichtungen sind jenseits des Atlantiks kein Thema. Europäische Rechtsverständnis ist da anders: Das demokratische Musterland USA hätte - wegen der Todesstrafe - keine Chance, Mitglied des Europarates zu werden ...

Doch Exekutionen an sich sind nicht die letzte Absurdität des amerikanischen Rechtssystems. Nun soll die Hinrichtung des Attentäters von Oklahoma City, der 168 Tote auf dem Gewissen hat, übertragen werden dürfen. 250 Überlebenden und Angehörigen der Opfer soll nicht vorenthalten werden, wie Timothy McVeigh sein Dasein beendet. Und Computerfreaks haben angekündigt, sie würden die Verabreichung der Giftspritze an den Attentäter ins Internet stellen.

Neben anderen gibt es vor allem zwei Argumente gegen diese Art des finalen Bestrafungs-Prozederes: Zum einen bedient die amerikanische Zuschau-Erlaubnis bei Hinrichtungen das Bedürfnis der Angehörigen von Opfern nach Vergeltung - ein atavistisches Ritual, moderner Gesellschaften unwürdig.

Zum anderen bedeutet der Versuch, die Tötung McVeighs via Internet öffentlich zu machen einen endgültigen Rückfall in Vorzeiten. Auch in Wien wurden einst die Verbrecher öffentlich hingerichtet - etwa vor johlenden Volksmassen bei der "Spinnerin am Kreuz". Man glaubte eigentlich, dass solche Praktiken längst Vergangenheit sind.

Dass es hierzulande erstens keine und zweitens schon gar keine öffentlichen Hinrichtungen gibt, gilt nach christlichem wie nach europäischen Verständnis als großer zivilisatorischer Fortschritt. Doch einmal mehr zeigt sich, dass die Vorreiter der Zivilisation, als die sich die USA gerne sehen, sich als uneinsichtige Nachzügler entpuppen.

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