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25 Jahre "Nova revija": Eine Zeitschrift, die Slowenien veränderte.

Es gibt kein Land, das in seiner Geschichte festhalten könnte, es sei aufgrund einer Literaturzeitschrift entstanden. Keines - außer Slowenien, in dem in diesen Tagen seit der Gründung der Literaturzeitschrift Nova revija (Neue Revue) 25 Jahre vergangen sind.

Vor fünfundzwanzig Jahren haben nämlich führende slowenische Schriftsteller und Intellektuelle, und zwar Niko Grafenauer, Tine Hribar, Dimitrij Rupel, heute der Außenminister des Landes, Boris A. Novak und Andrej Inkret mit der Unterstützung von weiteren sechzig Geistesmenschen an die damalige kommunistische Macht den Antrag auf Zulassung einer "neuen Revue", daher der Name, gerichtet.

Mutige Zeitungsmacher

Aus dem Antrag ist eine Zeitschrift für das Denken und Dichten mit bisher fast 280 Ausgaben geworden. Für gelernte mitteleuropäische Leser mag es sonderbar klingen, doch das Gründen von Zeitschriften war in den "bleiernen Zeiten" in östlicheren und südöstlicheren Regionen beileibe keine Selbstverständlichkeit.

Heute meint Tine Hribar in diesem Zusammenhang: "Wir alle und die Politik wussten, dass es nicht nur um eine Zeitschrift geht." Die slowenische Zivilgesellschaft war noch nicht vollkommen ausgeprägt, geschweige denn die jugoslawische, und niemand überblickte noch so recht, welche Strömung nach Titos Tod zur führenden werden könnte. Die Gründung einer Zeitschrift war jedenfalls alles andere als ein gefahrloses Unternehmen.

Die Arbeit der Gruppe um die Nova revija hat sowohl Slowenien als auch Jugoslawien nachhaltig beeinflusst. Niko Grafenauer, ein Lyriker von Weltrang, und seine Freunde hatten genau erkannt, was und wohin sie wollten: die Selbständigkeit Sloweniens.

Verschiedene Ausgaben der Zeitschrift haben das politische Leben Sloweniens seit dem Jahr 1980 massiv beeinflusst, haben aber auch innerhalb der Gruppe zu größeren Auseinandersetzungen über die inhaltliche Linie und die politisch-philosophische Ausrichtung geführt. Es stellte sich - schon aus Vernunftgründen - die Frage nach mehr oder weniger Mut, sprich Herausforderung und Kampfansage.

Nach dem Erscheinen der 57. Ausgabe der Nova revija Mitte der achtziger Jahre, der in Slowenien mit Abstand berühmtesten Nummer, mussten Niko Grafenauer und Dimitrij Rupel als die Verantwortlichen zurücktreten, der damals weithin unbekannte Schriftsteller Boris A. Novak wurde - sozusagen als Zugeständnis an die zerfallende Macht - Chefredakteur.

Wolf im Mauspelz

Die "Nr. 57" enthält die staatspolitischen, rechtsphilosophischen, grundrechtlichen und ideellen Vorgaben für einen neuen und unabhängigen Staat. Die Vorbereitungen für die Verselbständigung Sloweniens konnten nicht mehr aufgehalten werden. JoÇze Snoj, einer der großen Schriftsteller Sloweniens, meint heute über diese Zeit, "dass der Wolf, also das Zentralkomitee, zwar sein Fell gewechselt, und es nach Maus und nicht mehr nach Wolf ausgesehen hat", faktisch aber keine Veränderungen eingetreten seien.

Der slowenische Außenminister Dimitrij Rupel konstatiert, dass es seit dem Erscheinen der Zeitschrift zu großen Ereignissen, aber auch Rückschlägen gekommen sei. Das Wirken der Gruppe hält er trotzdem für "sehr weitsichtig".

Die Nova revija war für die Schriftsteller und Denker immer viel mehr als nur ein Publikationsorgan. Niko Grafenauer behauptet, dass die Zeitschrift atmosphärisch und für das Überwinden des Totalitarismus unabdingbar war. Die Nova revija hat den neuen Staat daher nicht nur politisch, sondern auch gedanklich vorbereitet. Insgesamt habe sie zu einem Umdenken geführt.

Derzeit sieht Niko Grafenauer die Herausforderungen für die Zeitschrift in den Fragen der Europäischen Union, wobei slowenische Philosophen wiederum sagen, dass sich die Zeitschrift in Zukunft vor allem zum Thema Humanismus, Wissenschaft und Bildung werde zu Wort melden müssen. Und es wird mit Sicherheit ein gewichtiges sein.

Der Vollständigkeit halber sei bemerkt, dass die Nova revija trotz ihrer politischen Relevanz seit der Gründung immer auch die führende Literaturzeitschrift Sloweniens war und geblieben ist.

www.nova-revija.si

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