"Und dann passiert ein Mord ..."

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Die Furche: Sie haben für "Gosford Park" heuer den Golden Globe gewonnen und wurden für den Oscar nominiert.

Robert Altman: Solche Awards sind ein großes Geschäft, ein Spiel, bei dem ich nicht mitmachen will. Filme wie Titanic gewinnen Oscars, nicht Filme, wie ich sie mache.

Die Furche: Sie haben mit verschiedenen Genres experimentiert - Western, Komödie, Film Noir. Jetzt, wo Hollywood dem Fantasy-Wahn verfällt, haben Sie sich für so eine klassische Geschichte wie Gosford Park entschieden.

Altman: Ich wollte unbedingt eine Detektivgeschichte, weil ich bisher noch nie eine gemacht habe, trotz aller Genrevielfalt. Ich gehe an Genres gern mit unüblichem Blick heran. In "Gosford Park" wollte ich nicht das klassische "Whodunit" machen, sondern lieber zeigen "that it was done".

Die Furche: Ihr Film erinnert unweigerlich an Agatha Christie. Haben Sie Bücher von ihr gelesen?

Altman: Ja, ich liebe ihr Buch "10 kleine Negerlein". Mir gefällt die Geschichte, wenn Leute in ein britisches Landhaus der 30er Jahre eingeladen werden, um dort das Wochenende zu verbringen. Leute, die aus ganz verschiedenen Richtungen kommen und gezwungen sind, zusammen unter einem Dach zu sein, obwohl sie das gar nicht wollen. Und dann passiert ein Mord.

Die Furche: Der Mord in Ihrem Film scheint Mittel zum Zweck, um die Beziehungen zwischen feiner Gesellschaft und Dienerschaft zu erläutern.

Altman: Die Welt der Diener ist viel komplizierter als die der feinen Gesellschaft. Im oberen Stockwerk, wo die feine Gesellschaft residiert, wirkt das Leben künstlich, leer und uninteressant, während es im Erdgeschoß bei der Dienerschaft fast noch mehr Hierarchieschichten gibt als oben und sich dort die spannenderen Geschichten abspielen.

Die Furche: Warum haben Sie das England der 30er Jahre ausgewählt?

Altman: Damals gab es viele soziale Probleme in England, die mich interessierten. Zuerst wollte ich den Film 1934 oder 1935 ansiedeln, aber dann entschied ich mich dagegen, weil ich nicht wollte, dass der Aufstieg Hitlers in Deutschland mein Geschehen bestimmt. So spielt mein Film nun 1932. Diese Zeit fällt außerdem mit meiner frühesten Kindheit zusammen, was mir mehr Referenz gibt, als nur die Berichte anderer Leute zu hören.

Die Furche: Seit "Nashville" gelten Sie als Ensemble-Regisseur, der gerne mit sehr vielen Darstellern arbeitet.

Altman: Je mehr Schauspieler, desto mehr Spaß für mich! Das ist wie bei einem Pferderennen: Wenn mehr als zwei Pferde um die Wette laufen, ist es spannender, oder? Ich habe jeden meiner Filme immer mit einer großen Leidenschaft gemacht. Das ist vielleicht auch der Grund, weshalb viele meiner Filme nicht das große Geld gemacht haben.

Das Gespräch führte Alessandra Mantanza.

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