Verlöschte Lichter der Erinnerung

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In "Iris" präsentiert Richard Eyre den schleichenden geistigen Verfall einer Dichterin.

Der Verlust des Erinnerungsvermögens und der Fortbestand einer großen Liebe - darum geht es in Richard Eyres unaufdringlichen Spielfilm "Iris". Mit vier großartigen Schauspielern (Judi Dench, Kate Winslet, Jim Broadbent und Hugh Bonneville) versucht er John Bayleys Lebenserinnerungen ("Elegie für Iris") über die gemeinsame Zeit mit seiner Frau Iris Murdoch, die im Alter an Alzheimer erkrankt, zu adaptieren: Die junge, lebenslustige Iris (überzeugend: "Titanic"-Star Kate Winslet) avanciert zu einer grandiosen Romanautorin und Philosophin. Iris ist eine geheimnisvolle, schriftstellerisch begabte Frau, die Schritt für Schritt zu internationalem Ruhm gelangt. Mit den Jahren verliert sie (Judi Dench) langsam das Gedächtnis. Diagnose: Alzheimer. Ihr Zustand verschlimmert sich in atemberaubenden Tempo.

Richard Eyre blättert in vielen Rückblenden Szenen aus dem Leben der Autorin auf, schildert den schleichenden geistigen Verfall einer hochintelligenten Frau und ihre Beziehung zu ihrem Ehemann John Bayley (im Alter dargestellt von Jim Broadbent, der 2002 mit einem Oscar für die beste Nebenrolle prämiert wurde) bis zu ihrem tragischen Tod.

"Iris" ist die Verfilmung des autobiografischen Buches von Professor John Bayley, der mit der schrecklichen Krankheit seiner Frau konfrontiert wird. Der Film folgt zwar der Literaturvorlage, schafft es aber - trotz exzellenter Akteure - nicht wirklich, den Zauber dieser intensiven Liebe zwischen Iris und John auf der Leinwand zu transportieren. Dafür erscheint die junge Iris zu emanzipiert und zu intelligent - im Gegensatz zu ihrem Ehemann, der außerordentlich fahrig wirkt und einen eher komischen Held verkörpert. Dass die Liebe des ungleichen Paares dennoch groß ist, will man daher nicht so recht glauben. Auch die harmonischen und weich gezeichneten Bilder, in die sich das Kameraauge verliebt, schwächen die dramatische Geschichte ab und tragen zu einem Mangel an Authentizität bei. Vielleicht wollte Richard Eyre, der die Sicht des Betroffenen kennen muss - seine Mutter litt ebenfalls an Alzheimer - aber gar nicht die Chronik einer Krankheit aufrollen, keine Leidens- sondern eine Liebesgeschichte erzählen.

Wie auch immer man den Film interpretiert: Man folgt ihm mit intensivem Interesse. Dies liegt wohl einerseits an den schauspielerischen Darbietungen und der Montage - niemals wirkt die Verwandlung von "alt" zu "jung" verwirrend, weil die Figuren sehr in ihren Rollen verhaftet sind - und andererseits an der philosophischen Dimension des Kinostreifens. Denn durch den Alzheimer-Ausbruch wird klar, wie bedeutend der Geist und das Vermögen ist, sich zwischen Menschen mitzuteilen.

Als Iris nun fast vollständig in der Dunkelheit ihrer Krankheit verschwunden ist, bleibt ihr Körper nur noch ein Symbol für den Glanz von einst. Was der Film uns sagen will? Weiterleben gelingt vor allem in der Erinnerung - und die ist eben eine Leistung des funktionierenden Gehirns.

IRIS. USA/GB 2001. Regie: Richard Eyre. Mit Dame Judi Dench, Jim Broadbent, Kate Winslet, Hugh Bonneville, Penelope Wilton. Verleih: Buena Vista. 90 Min.

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