Karl Schranz war schuld, dass ORF-General Gerd Bacher in den siebziger Jahren von Bruno Kreisky in die Wüste geschickt wurde. Wem diese - jedenfalls für den Kommentator: neue - Erkenntnis der Zeitgeschichte noch nicht klar war, kann die Jubiläumszeitung - nein! - das Jubiläums-Magazin des Kurier wärmstens empfohlen werden. Dort breitet nämlich Gerd Bacher höchstpersönlich - als einer von 50 Promis, die jeweils zu einem Jahr der 1954 gegründeten Tageszeitung ihre Wortspende beitragen - seine Version des Olympiaskandals von 1972 aus. Damals wagte es bekanntlich IOC-Präsident Avery Brundage, Österreichs Schi-Ass Karl Schranz von den Olympischen Spielen in Sapporo auszuschließen - und Schranz wurde per Triumphzug in Wien empfangen, 87.000 standen Spalier, so der
Kurier am 9. Februar 1972.
Bruno Kreisky selbst, so Bachers Geschichte, habe die aufheizende ORF-Berichterstattung zu Schranz angeleiert, dann habe der Kanzler sein Engagement aber feig zurückgezogen und es ob der entfesselten Massen sogar mit der Angst zu tun gekriegt. O-Ton Bacher: "Schnell fanden er und die Parteilinke heraus, dass man diesen Fall Schranz' zu einem der Hauptargumente meines dann auch stattfindenden Hinausschmisses machen könnte."
Geschichte(n) wie diese erzählt das 50-Jahr-Jubelmagazin des Kurier zuhauf und beweist einmal mehr, wie sehr Zeitgeschichte auch Zeitungsgeschichte ist. Der Kurier war und ist ein Player dabei, auch wenn die Zeiten der Meinungsführerschaft, wie sie etwa vor 40 Jahren unter Chefredakteur Hugo Portisch bei der Einleitung des Rundfunkvolksbegehrens augenfällig war, längst vorbei sind.
Das Überleben einer Zeitung ist auch ein Garantie für Medienvielfalt und Pressefreiheit (auch wenn der Kurier über die Mediaprint mit den Platzhirschen in Österreichs Medienlandschaft verbandelt ist). Von daher freut man sich ebenfalls über jedes weitere Jahrzehnt dieses Blattes. ofri
