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Ein müder Freischütz

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Der „Freischütz", den wir nach achtjähriger Pause in der Volksoper sahen, war keine ungetrübte Wiedersehensfreude. Nicht daß er gealtert wäre — das sind eher wir —, aber bei diesem Wiedersehen (und -hören) schien uns seine Frische dahin und sein Naturburschentum verblaßt. Das war aber nicht an ihm, sondern an der Wiedergabe gelegen. Der „Freischütz“ ist eine echte romantische Oper, lebt von Waldesduft, Jägerlatein, Hörnerklang und zarten Lie- besgefühlen. Just diese Dinge aber waren in der Wiedergabe unecht. Die Wolfsschlucht hatte zwar ihre Kolportageromantik verloren, aber nichts dafür bekommen als ein paar rotierende Schatten und Lichter, und die Jungfemkranzszene ließ vollends jede Stimmung vermissen und geriet (szenisch) nicht besser als eine Schul- aufführung. Und das Wesentlichste: die Musik hatte ihren Zauber abgestreift, schon die Ouvertüre, eine der berühmtesten, wurde derb und unfroh heruntergespielt. Verzogene und überhastete Tempi taten ihr Gewalt, es war in der Tat mehr eine nervöse als romantische Oper. Inszenierung (Joachim Herz) und Bühnenbilder

(Peter Heyduck) blieben manches schuldig, vor allem die Stimmung. Christiane Sorell war eine schön singende, aber viel zu distanzierte und "’el zu einheitlich traurige Agathe. Ihr bodenlanges enges weißes Kostüm, so schön es war, paßte doch nicht zu Wald und Forsthaus. Hanny Steffek als Ännchen, stimmlich einwandfrei, suchte zu beleben und tat des Guten zuviel. Her min Esser als Max war im großen ganzen dem Werk und seiner Rolle am nächsten, sein Tenor klingt angenehm und weich. Thomas O’Leary sang und spielte den Kaspar recht gut, mit viel Stimme und schlechter Aussprache. Marcel Cordes als Fürst, Friedrich Nidetzky als Erbförster und Kunlkazu Ohashi als Eremit boten runde Leistungen. Für die meist ansprechenden Kostüme zeichnete Eleonore Kleiber, die musikalische Leitung hatte Peter Maag. Gut, wenn auch nicht immer gut gruppiert, waren die Chöre, denen hier eine große Rolle zufällt. Trotz der aufgezählten Schönheitsfehler feierte das Publikum die Wiederbegegnung mit dieser richtigen Volksoper mit großem Beifall.

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