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Spannende Dreiecksgeschichte

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La clemenza di Tito” war vierzig Jahre lang die meistgespielte Oper Mozarts. Dann geriet das 1791 uraufgeführte letzte Singspiel des großen Komponisten in Vergessenheit und wurde erst in den sechziger Jahren unseres Jahrhunderts wiederentdeckt. Bis dahin war es als langweiliges, schon zu Zeiten ihrer Ent stehung überkommenes Werk abgetan worden, Nicolas Brieger hat das Stück an der Wiener Volksoper <ds Kammerspiel inszeniert. Eine gelun gene Neuübersetzung, die weniger philologischen, als theatralischen Grundsätzen gehorcht, hat er selbst gleich mitgeliefert.

An der Volksoper ist „Titus der Milde” in der Tat eine ganz und gar nicht langweilige Geschichte über Liebe, Freundschaft und Tod. Brieger läßt den Zuseher tief in die Seelen der in unauflöslichen Dilemmata innerlich zerrissenen und ständig mit sich ringenden Hauptfiguren Sextus, Titus und Vitellia blicken: Sextus ist Freund und engster Vertrauter des römischen Kaisers Titus, Idealbild eines gütigen Herrschers. Zugleich ist Sextus in leidenschaftlicher Liebe zu Vitellia entbrannt, der machthungrigen Tochter des früheren Kaisers Vitelli-us, deren sehnlichster Wunsch es ist, als Titus' Gemahlin den Kaiserthron zu besteigen. Titus wiederum liebt Servilia, deren Herz aber Annius gehört. Aus Kränkung und Eifersucht überredet Vitellia den ihr verfallenen Sextus, Titus zu ermorden - nicht ahnend, daß der Kaiser sie trotz allem doch heiraten möchte.

Heidi Brunner als Sextus und Edith Lienbacher als Servilia singen tadellos, Janusz Monarcha als Publius, Befehlshaber der Prätorianergarde, brav und sauber. Silvana Dussmann als di-venhafte Vitellia verfügt von allen Darstellern über die größte Bühnen -präsenz und ist stimmgewaltig, aber nicht immer ganz treffsicher. Kurt Azesberger ist als Titus nicht hundertprozentig überzeugend, steigert sich aber gegen Ende. Und Magdalena Kozena als Annius läßt stimmlich ein wenig an Profil vermissen. Mozart-Spezialist Arnold Östmann dirigiert die Partitur ohne viel Schmuck und Schnörkel, wodurch sie wenig aufregend ausfällt.

Der Schwachpunkt der im großen und ganzen passablen Aufführung sind Bühnenbild (Raimund Bauer)

und Kostüme (Jorge Jara): Warum die Handlung in ein nicht näher definiertes faschistisches System verlegt wurde, bleibt rätselhaft. Titus hat so gar nichts von einem Duce oder Cau-dillo an sich, selbst Gardeführer Publius wirkt wie ein Hofrat kurz vor seiner Pensionierung. Ebenso unverständlich ist es, wie man den unglücklichen Sextus, die eigentliche Hauptfigur, neben einem strahlenden Titus und einer leuchtenden Vitellia in seinem unscheinbaren Jäckchen optisch derart abstürzen lassen kann. Auch als sich diese tragischste aller Figuren am Ende selbst richtet, ist sie unverständlicherweise an den Band der Bühne verbannt.

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