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Geschichten erzählen ist wie Ballonfahren

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Wer die Geschichte Europas kennt, dem kann sich die Abfolge von Kriegen, Vertreibungen und Ungerechtigkeiten, die auf diesem geographischen Fleckerlteppich stattgefunden haben, gehörig auf den Magen schlagen, von der Verzweiflung gar nicht zu reden. Wenn Milo Dor das beliebte Spielobjekt von Sonntagsrednern, den Begriff Mitteleuropa, in das Zentrum seiner Betrachtfrhg stellt, dann nur, um sich auf die Suche nach einer größeren Heimat zu begeben, einer Heimat, deren Charakteristikum eben darin besteht, eine Mischung aus. vielem zu sein. Die Reisen durch den mitteleuropäischen Raum haben bei Dor die Meinung gefestigt, „daß ein gewisses Gefühl der Zusammengehörigkeit kein Mythos allein ist, sondern eine spürbare Wirklichkeit, deren Wurzeln weit zurückreichen”.

Die Leichtigkeit, mit der es der Autor schafft, uns an dieser Suche teilhaben zu lassen, ist nur einem Meister der kleinen Form möglich, der die Geschichte in unzählige Geschichten verpackt: Ein Reiseführer, bei dem zwar auch und immer wieder zum Beispiel über Essen geschrieben wird, aber eben keine Lokalempfehlungen gegeben werden, sondern die geistige Befindlichkeit schmackhaft gemacht wird. Wer Milo Dors Begegnungen mit V enedig, der Wojwodina, Istrien, Prag und Wien liest, bekommt Lust, mit jener Leichtigkeit zu reisen, unbeschwert touristische Niederungen verlassend, mit der Geschichte und Kultur im Gepäck, um sie im gegebenen Fall auch Sandsäcken gleich über Bord zu werfen, aber keineswegs zu vergessen. Für diese Sicht der Welt braucht es aber keinen Heißluftballon, sondern eine gehörige Portion Treibgas mit einer Mischung aus Humanität und Altersweisheit.

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