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Alle wollen in die Feuerwehr

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Oberösterreichs Freiwillige Feuerwehren retten nicht nur Menschen und Güter, sondern sind auch Schule der Zusammenarbeit, veranstalten Feste und vermitteln Identität und Erfolgserlebnisse.

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Oberösterreichs Freiwillige Feuerwehren retten nicht nur Menschen und Güter, sondern sind auch Schule der Zusammenarbeit, veranstalten Feste und vermitteln Identität und Erfolgserlebnisse.

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Uniformen stehen heute nicht sonderlich hoch im Kurs, ausgenommen die braune der österreichischen Feuerwehren und die blaue der Feuerwehrmänner Kärntens, die, abweichend von der Norm, auf ihren Mützen auch noch ein Edelweiß tragen.

Wenn einer glaubt, daß man mit einer Freiwilligen Feuerwehr weniger das Auslangen finden könnte — der kann sich wirklich unbeliebt machen, vor allem als Kommunalpolitiker. Nicht, daß es Allgemeinwissen wäre, daß ein Brand schon nach acht Minuten Dimensionen eines Großfeuers annehmen kann, steht dabei im Vordergrund, sondern die Tatsache, daß man eine Gemeinde, der man eine Feuerwehr nimmt, gesellschaftlich entwertet.

Das Feuerwehrwesen ist nicht nur von Bundesland zu Bundesland anders gesetzlich geregelt, sondern vielfach von einem Viertel zum anderen anders nuanciert. Im Innviertel zum Beispiel sind in einer Gemeinde mit 300 Einwohnern mindestens 312 bei der Feuerwehr. Da rückt sie nicht nur zu Bränden, Überschwemmungen und öleinsätzen aus, sondern, sonst heißt die Leich' nix, auch zu Begräbnissen.

Die Feuerwehren sind überall im Lande von einem starken Einsatzwillen erfüllt, obwohl die Einsätze, vielfach zur Nachtzeit und bei schlechter Witterung, fast ausnahmslos, bei allem technischen Aufwand, mit Strapazen verbunden sind. Der erfolgreiche Einsatz wird hinterher als Sieg empfunden, der die Männer mit Freude darüber erfüllt, daß sie etwas geleistet haben. Die selbstlose Gratisleistung für den Nächsten ist eine unbezahlbare Selbstbestätigung, die nur der kennt, der verschwitzt, durchnäßt, mit verschmierter Montur vom Einsatz zurückkommt.

Was die Feuerwehr braucht, sind Männer, die ihr zur Ehre gereichen, und Geld für die technische Ausrüstung. Kein Problem im ländlichen Bereich, wenn das Kommando in Takt ist, wenn keine Querelen das Ansehen einer

Wehr - die immer das Spiegelbild ihres Kommandanten ist — beeinträchtigen. Kein Problem, wenn in der dörflichen Abgeschiedenheit die Feuerwehr nicht durch Sportvereine oder andere Freizeitgestaltungsmöglichkeiten konkurrenziert wird.

Auch in den größeren Märkten sowie in den Städten ist ein Interesse an der Feuerwehr festzustellen, das immer größer wird. Feuerwehrkommandanten haben es leid, viele nette Burschen im Alter zwischen 12 und 16 Jahren nicht in ihre Jugendgruppe aufnehmen zu können. Je besser eine Gemeinde ist, desto mehr drängt es die heute nicht minder wie früher idealistisch veranlagte Jugend dazu, jenem Kreis anzugehören, in dem man, während eines Jugendlagers, laufen, klettern, und, wenn man's noch nicht kann, das Schwimmen lernen kann. Mit Spiel und Lagerromantik wird der Jugendliche zum Feuerwehrmann ausgebildet, der so manchen, der im Dienste der Feuerwehr ergraut ist, zumindest in der Theorie, an die Wand spielt.

Was sich der harte Einsatzkern einer Feuerwehr nach vielen Jahren mühevoll als bescheidenes Zeichen des Dankes der Allgemeinheit — unfair, weil dabei nicht so sehr die Leistung wie Stand und Schulbildung gewertet werden - in Form einer Medaille auf den Uniformrock nähen darf, ist das Wissenstestabzeichen in

Bronze, in Silber, oder gar in Gold. Gold wert ist auch, daß bei den Bewerben, bei den Aktiven und erst recht bei den Jugendlichen, nicht die Leistung des einzelnen im Vordergrund steht. Der Pokal gehört nicht ihm allein, der steht im Feuerwehrhaus!

Was im Landes-Feuerwehrlei-stungsbewerb gefordert wird, ist nicht mehr als ein ganz kleines Einmaleins, das der Feuerwehrmann beherrschen muß. Es wird früher oder später neuen Erfordernissen angepaßt werden müssen. Aber psychologisch ist der Landesbewerb intakt, denn nichts fordert die Gemeinschaft mehr, als das Arbeiten von einer Hand in die Hand des anderen, und dazu bedarf es virtuoser Zusammenarbeit. Sie ist bei den Feuerwehren in der Übung, im Bewerb und erst recht im Einsatz oberste Devise. Weil ein Drittel der Investitionen der Feuerwehren Österreichs in Eigenregie aufgebracht werden müssen (in Form von Bällen, Theateraufführungen, Sackhüpfen usw.), ist es auch hier die Zusammenarbeit, die, z. B. beim Bau der Feuerwehrhäuser in Eigenregie, Maßstäbe setzt.

Wer bei der Feuerwehr ist, muß nicht unbedingt schwindelfrei sein, nicht die Meile in der Traumzeit laufen. Gebraucht werden Männer, die Gefahren erst gar nicht aufkommen lassen, die mit Feuer, gefährlichen Gütern und chemischen Stoffen zurechtzukommen wissen.

Anerkennung und Stellenwert kommen von selbst, oder nie. Sie zeigen, daß man auf dem richtigen Weg ist. In Italien, wo es nur noch 3000 Freiwillige Feuerwehrmänner gibt, wird Österreich um seine 4.300 Feuerwehren, in denen 250.000 Mann ehrenamtlich dienen, beneidet.

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