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Anatol - unbesetzbar ?

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Unter den Wiener Bühnen führt einzig das Volkstheater bevorzugt Werke von österreichischen Autoren auf. So bringt heuer das drei Stücke umfassende Sonderabonnement drei Uraufführungen von Österreichern. Und in den Aufführungen des Volkstheaters in den Wiener Außenbezirken umfaßt der Spielplan in dieser Saison sieben ausschließlich österreichische Stücke.

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Unter den Wiener Bühnen führt einzig das Volkstheater bevorzugt Werke von österreichischen Autoren auf. So bringt heuer das drei Stücke umfassende Sonderabonnement drei Uraufführungen von Österreichern. Und in den Aufführungen des Volkstheaters in den Wiener Außenbezirken umfaßt der Spielplan in dieser Saison sieben ausschließlich österreichische Stücke.

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Die Premiere der ersten Aufführung für die Außenbezirke fand im Haupthaus statt: „Anatol“ von Arthur Schnitzler unter der Regie von Gustav Manker. Fünf von sieben Einaktern werden gegeben. Entscheidend für idie Wirkung ist die Besetzung der Titeligestalt. Man kann aber ruhig behaupten, daß sie sich nicht mehr deckend besetzen läßt, das hat sich schon vor zwei Jathren auch im Akademietheater gezeigt Das Melancholische des Anatol, der Charme, das Kultivierte, all das fehlt völlig dem heutigen Menschen. Man kann von Adolf Lukan als Darsteller des Anatol das für einst kennzeichnende Sublimieren der Gefühle nicht verlangen. Er ist ein etwas trockener Anatol das für einst kennzeichnende Gabriele Jacoby als Annie in „Abschiedssouper“ die stärkste Leistung. Insgesamt eine gute Aufführung, doch ohne die spezifischen Valeurs.

Wie wirkt ein Schwank, der vor 55 Jahren sehr erfolgreich war, heute? In den Kammerspielen sieht man derzeit den Dreiakter „Der keusche Lebemann“ der Schwankfirma Franz Arnold und Ernst Bach. Ein Fabrikant beabsichtigt, seine Tochter mit seinem etwas tolpatschigen Kompagnon zu verheiraten, wozu er ihn als verfluchten Kerl aufbaut. Schwierigkeiten wenden witzig überwunden, worauf sich schon die nächsten Hürden engeben, die Situationen wechseln dauernd. Ein gekonnt gebauter Schwank, über den auch heute viel gelacht wird. Unter der Regie des schwankkundigen Peter Loos sind Max (ehemals Maxi) Böhm als Firmeninhaber und Alfred Böhm als Kompagnon eine treffliche Besetzung. Christine Glasner ist das Töchterlein, das doch wohi einer vergangenen Zeit angehört.

Auch Komödien hatten einen raschen Wechsel dicht verflochtener Situationen. Anders heute. Die erfolgreichen Boudevardiers Pierre Barillet und Jean-Pierre Gredy bieten in ihrer Komödie „Amanda“, die in der „Kleinen Komödie“ gespielt wird, eine völlig lockere, unbeschwerte, gemächlich ablaufende Szenenfolge. Läßt sich Liebe nach Jahren erneuern? Die berühmt gewesene, in Geldnöten befindliche Diseuse Amanda und der nunmehrige Minister, ihr ehemaliger Mann, begegnen einander wieder, da sie ihre Memoiren veröffentlichen will, die seine Stellung gefährden könnten; er verfällt neuerlich ihrem nun doch schon verblühenden Reiz.

Unter der kundigen Regie von Helmut Siderits ist Lilianette eine kapriziöse Amanda, Wolfram Mertz glaubhaft ein ruhig überlegener Minister. Möglicherweise war diese Premiere die letzte der „Kleinen Komödie“ — die Preissteigerungen gefährden die Existenz dieses Theaters. Eine intime Boulevandbühne kleinen Ausmaßes ist für Wien durchaus erwünscht Die Schließung sollte verhindert werden.

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