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Digital In Arbeit

Arbeitslos im Betrieb

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Innerhalb von nur wenigen Tagen ist SbzialministerDal-linger mit zwei Vorschlägen an die Öffentlichkeit getreten, die eine Bestätigung dafür sind, was hier schon letzte Woche vermutet wurde: Daß sich die jetzt offenbar neu eingeleitete Ära der Arbeitsplatzsicherung erst gar nicht mehr auf wirtschaftliche Fundamente, und seien es auch mit Subventionen abgestützte, verlassen will, sondern auf die Dekretierung von Arbeitsplätzen setzt.

Mit einem eigenen Gesetz — der Entwurf wurde bereits zur Begutachtung ausgesandt — will Dallinger die Leiharbeit (eigens darauf spezialisierte Firmen vermieten anderen für einen bestimmten Zeitraum Arbeitskräfte) generell verbieten. Das wollte vor sieben Jahren auch schon Dallingers Vorgänger, freilich aus ganz anderen Motiven: Minister Weissenberg wollte damit die Mißstände bei der Vermietung von Arbeitskräften . (beispielsweise versuchen Außenseiter der Branche immer wieder die Sozialabgaben zu hinterziehen) beseitigen. Minister Dallinger erhofft sich davon in erster Linie einen beschäftigungspolitischen Effekt. Wenn die Firmen, so das Kalkül Dallingers, in Engpaßsituationen keine Arbeitskräfte mehr mieten können, müssen sie welche fix einstellen.

Die Frage ist nur: Warum sollen sie. Leiharbeit ist ja nicht eine moderne Form der Sklavenhalterei, sondern aus betriebswirtschaftlichen Überlegungen entstanden: Wenn ein metallverarbeitender Betrieb für nur drei Wochen einen zusätzlichen Schweißer braucht, ist es für ihn einfacher, die Sache über eine Personalvermietungsfirma abzuwickeln. Übrigens auch für den Schweißer, der ja einen Dauerarbeitsplatz hat und sich nicht alle drei Wochen um einen neuen Arbeitgeber umschauen muß.

Die zweite von Dallinger überlegte legistische Maßnahme ist die Zwangseinstellung von Lehrlingen zwecks Hintanhaltung der Jugendarbeitslosigkeit.

Das erinnert mich an die in einigen Entwicklungsländern bestehende Bestimmung, daß jeder Lift, also auch ein vollautomatischer, von einem Liftboy zwecks Arbeitsplatzbeschaffung bedient werden muß. Setzt man statt Lift Betrieb, erkennt man sehr gut die Crux der Dallingerschen Scheinlösung: Es gibt dann zwar tatsächlich keine Arbeitslose auf der Straße, aber es gibt sie in den Betrieben. Die Entlohnung für eine überflüssige, mit keinerlei Wertschöpfung verbundene Arbeit ist nur eine andere Form der Auszahlung der Arbeitslosenunterstützung.

Vielleicht ist sie für die Betroffenen humaner, psychisch weniger belastend — ein tragfähiger ökonomischer Ausweg aus dem Arbeitsplatzdilemma, auf das wir zusteuern, ist sie sicher nicht.

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