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Digital In Arbeit

Wenn morgen die Roboter drohen

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Alfred Dallinger sieht in die Zukunft — und die sieht (nicht nur nach seiner Meinung) düster aus, wenn man die Aussichten von Wirtschaft und Arbeitsmarkt betrachtet.

Die Roboter sind im Vormarsch. Zur Zeit sind in den Industriestaaten 20.000 im Einsatz. 1985 werden es, so wird prognostiziert, 140.000 sein: In zehn bis 15 Jahren wird sich die Arbeitswelt ganz anders darstellen, als heute.

Vor dem Klub für Bildungsund Wissenschaftsjournalisten erläuterte der Sozialminister, wie er sich dieser Entwicklung gegenüber verhalten möchte: Weitreichende Strategien müssen entwickelt werden. Neue Bildungskonzepte, neue Lehrpläne in den Schulen werden ebenso benötigt werden, wie Maßnahmen, die die berufliche und lokale Mobilität der Menschen fördern. Die Jugendlichen, die heute die Schule besuchen, werden sich darauf einstellen müssen, im Lauf ihres Lebens auch mehrmals den Beruf zu wechseln.

Im Zentrum der Überlegungen des Ministers aber steht die Verteilung der vorhandenen - oder verbleibenden - Arbeit auf mehr Menschen, im Klartext: die Arbeitszeitverkürzung, durch mehr Urlaub, durch kürzere Wochenarbeitszeit.

Teilzeitarbeit, „Job Sharing” (die Besetzung eines Arbeitsplatzes mit zwei, einander abwechselnden Arbeitskräften) erwähnt Dallinger nur am Rand.

Japan als Gegenbeispiel? Nach Dallingers Meinung werde sich nicht Europa den Japanern anpassen müssen — Japan werde vielmehr bald gezwungen sein, dem europäischen Beispiel (der Arbeitszeitverkürzung) zu folgen, um die Auswirkungen der technologischen Revolution aufzufangen.

In Österreich wird der Dienstleistungssektor von dieser Entwicklung als erster bedroht werden. Er hat bisher alles aufgefangen, was aus Landwirtschaft und Produktion freigestellt wurde. Als erstes sieht Dallinger den Geld- und Kreditsektor bedroht: die Zeit der prestigebedingten Filialgründungen ist vorbei. Hier kann viel rationalisiert werden — Arbeitsplätze gehen verloren.

Dann kommt der Handel an die Reihe. Er ist extrem überfremdet. In den Warenhausgruppen greifen jetzt bereits die im Ausland exerzierten Methoden um sich.

Die fünfte Urlaubswoche soll schon ab nächstem Jahr eingeführt werden - notfalls ratenweise. Die Verkürzung der Wochenarbeitszeit muß auf die gesamteuropäische Entwicklung abgestellt werden, sollte aber auch bis 1990 vollendet sein. Flankierend dazu müßte der Anreiz für Uberstunden genommen werden — zu teuer für den Unternehmer,'unattraktiv für den Arbeitnehmer.

Bei einer Gesamtlohnsumme von 500 Milliarden entfallen auf Uberstunden in der Privatwirtschaft 27, im öffentlichen Sektor sechs Milliarden Schilling. Dem Staat entgehen dadurch fünf Milliarden an Steuern, rechnet Dallinger vor. Wenn es nur gelänge, ein Drittel dieser Uberstunden einzusparen, könnten 28.000 Arbeitskräfte mehr eingesetzt werden.

Was aber ist mit jenen Klein-und Mittelbetrieben, die sich zwar Uberstunden zur Erhaltung ihrer Produktionsmobilität leisten können, nicht aber zusätzliche Arbeitskräfte? Ihnen wird geholfen werden müssen, meint der Minister, etwa auch durch Teilzeitbeschäftigung (aber auch die kostet Sozialleistungen und verteuert damit die Produktionskosten).

Und die Uberstunden im öffentlichen Dienst — sie zählen doch zu den „Errungenschaften” der zuständigen Gewerkschaften? Wie wird sich der Gewerkschafter Dallinger verhalten, wenn seine Kollegen gegen eine Kürzung protestieren?

Dallinger ist sich bewußt, daß es Widerstand geben wird. Aber wenn die Alternative bei Arbeitslosenzahlen wie in Holland oder Belgien läge - dann hat der Minister vor dem . Gewerkschafter Vorrang. Dann wird man „aus höherer Sicht” auch auf Errungenschaften verzichten müssen.

Das gilt auch für die Gewerkschaftsforderung nach vollem Lohnausgleich bei einer Arbeitszeitverkürzung. Heute zahlen die Arbeitslosen die praktisch bereits eingetretene Verkürzung der Gesamtarbeitszeit. Um zu verhindern, daß die Arbeitslosigkeit auch auf die Jugend übergreift, werden Opfer nicht zu vermeiden sein, meint der Minister - dazu sollten die Menschen aber noch stärker als bisher mit der ganzen Problematik konfrontiert werden.

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