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Aufgeputzt und aufgepumpt

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(Theater an der Wien; „Die Entführung aus dem Serail“ von W. A. Mozart) Nikolaus Harnoncourt, der Mozart-Spezialist, das Regie-Ehepaar Ursel und Karl- Ernst Herrmann und ein Stab von Regie- und Licht-Helfershel- fern haben Mozart zum Luxusstück von Viereinviertelstunden Dauer aufgepumpt. Trotzdem weiß der Zuhörer kein bißchen mehr über die Figuren als in jeder „normalen“ Aufführung.

Im Gegenteil. Die Verbissenheit, mit der Harnoncourt und die Herrmanns jeder Figur ins Seelenleben schauen, gibt der Aufführung eine Gedanken- und Bewegungsschwere, die Mozarts Komik fast völlig verbannt. Alle Figuren befinden sich in einem erbitterten Kampf der Gefühle, alles wird den Affekten untergeordnet. Das Ergebnis ist deutsches Regietheater, zelebriert mit Gründlichkeit bis zur Sturheit.

Der Regie zuliebe holte Harnoncourt zum Teil junge Sänger, denen Persönlichkeit und Gesangskultur fehlen. Es ist peinlich, daß Konstanze (Aga Wins- ka) und „Blonde“ (Elzbieta Szmytka) nicht einmal gut genug deutsch sprechen, um ihre langen Dialoge zu sprechen. Kurt Streit (Belmonte), Wilfried Gahmlich (Pedrillo) und Artur Korn (Os- min) bieten die Biederkeit eines Stadttheaterbetriebs. Hilmar Thate quält die Figur des Bassa Selim zum Zwangsneurotiker zurecht. Wütendes Buhgeschrei übertönte zeitweise den Jubel des Publikums.

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