6845665-1976_19_06.jpg
Digital In Arbeit

Befehlsstelle: Moskau

19451960198020002020

Illusionen zerbrechen. Statt der erhofften Annäherung und Normalisierung verstärkt der Osten seine Geheimdiensttätigkeit in der deutschen Bundesrepublik. Entspannung gibt es nur in den Wunschbildern linksorientierter Politiker. Die Wirklichkeit sieht anders aus.

19451960198020002020

Illusionen zerbrechen. Statt der erhofften Annäherung und Normalisierung verstärkt der Osten seine Geheimdiensttätigkeit in der deutschen Bundesrepublik. Entspannung gibt es nur in den Wunschbildern linksorientierter Politiker. Die Wirklichkeit sieht anders aus.

Werbung
Werbung
Werbung

Wie aus gut unterrichteten Kreisen zu erfahren war, lag im Jahre 1975 der Schwerpunkt der gegnerischen Spionage, auf militärischem und wirtschaftlichem Gebiet. Besondere Ausspähungsschwerpunkte waren bei der Wirtschaftsspionage die Elektroindustrie, die elektronische Datenverarbeitung, der Fahrzeug-und der Schiffsbau. Verstärkt hat sich vor allem die Spionagetätigkeit von Ost-Agenten in der Bundesrepublik auf dem Gebiet der Computertechnik. Denn neueste Studien von Elektronikspezialisten im sowjetischen Geheimdienst gehen davon

aus, daß es heutzutage fast kein Gebiet der Technik mehr gibt, auf dem sich die elektronische Datenverarbeitung (EDV) nicht anwenden ließe und daß demzufolge der Computer sich ebenfalls „für das Militärwesen und den modernen Krieg“ als wichtiges Hilfsmittel anbiete.

Die Hauptzentrale für die gesamte Wirtschaftsspionage des Ostblocks befindet sich im 1. Hauptdirektorat des KGB in Moskau. Dieses Hauptdirektorat ist der weltumspannende Auslandsnachrichtendienst, dessen Verwaltung X für alle Arten der Ausspähung wissenschaftlicher und

technischer Erkenntnisse westlicher Staaten zuständig ist. Innerhalb der Verwaltung X befassen sich die Offiziere und Wissenschaftler der Abteilung 14 speziell mit der westlichen Computertechnik. Bei ihnen laufen auch alle wesentlichen Erkenntnisse aller Geheimdienste der Satellitenstaaten über dieses Gebiet zusammen. Die Abteilung 14 der Verwaltung X des 1. Hauptdirektorats des KGB erteilt auch die entsprechenden Spionageaufträge an die Satellitennachrichtendienste.

Wie in diesem Zusammenhang zu erfahren war, bestehen zwischen der Abteilung 14 der Verwaltung X des 1. Hauptdirektorats des KGB und der Abteilung 5 der „Hauptverwaltung Aufklärung“ des Ministeriums für Staatssicherheit in Ostberlin besonders enge Kontakte. Die Abteilung 5 der „Hauptverwaltung Aufklärung“ beschäftigt sich in erster Linie mit Industriespionage in der Bundesrepublik und in Österreich. Vierzig SSD-Mitarbeiter, die der Abteilung 5 angehören, werden von sechs KGB-Offizieren geführt und geleitet. Sie alle steuern von Ostberlin aus die Wirtschaftsspionage und lenken ein großes Heer von Spitzeln und Agenten.

Wie jetzt weiter bekannt wurde, beschäftigt sich die Abteilung 14 der Verwaltung X des 1. Hauptdirektorats des KGB in Moskau, in Zusammenarbeit mit der Abteilung 5 der

„Hauptverwaltung Aufklärung“ des Ostberliner Ministeriums für Staatssicherheit, mit besonderen Verfahren zum Anzapfen von Geräten der elektronischen Datenverarbeitung. Mit anderen Worten: Durchführung von Sabotage an Computern. An sogenannten Intelligenz-Häftlingen im DDR-Zuchthaus Brandenburg“ wurde in diesem Zusammenhang von Ministerium für Staatssicherheit ein Forschungsauftrag mit der Zielsetzung erteilt, Möglichkeiten zu suchen, um westdeutsche Computeranlagen mögliehst unauffällig störenipflndlich zu machen.

Seit der Auflösung des Intelligenz-Zuchthauses Berlin-Hohenschönhausen arbeitet seit geraumer Zeit im Zuchthaus Brandenburg, im Auftrag des DDR-Ministeriums für Nationale Verteidigung, auch eine Gruppe von Wissenschaftlern an der Entwicklung einer für militärische Zwecke verwendbaren EDV-Anlage. Die Konstruktionsarbeiten werden in strenger Klausur durchgeführt und von Angehörigen des Ministeriums für Staatssicherheit überwacht. Wie in diesem Zusammenhang weiter zu erfahren war, wertet diese Häftlingsgruppe im Zuchthaus Brandenburg laufend technische Zeichnungen westdeutscher Computeranlagen aus, die von der Abteilung 5 der „Hauptverwaltung Aufklärung“ des Ministeriums für Staatssicherheit in Ostberlin zur Verfügung gestellt werden.

Nach den Erkenntnissen westlicher Sicherheitsstellen wird der Osten in den kommenden Jahren seine Wirtschaftsspionage in der deutschen Bundesrepublik und anderen westlichen Ländern noch wesentlich verstärken. Man schätzt die Zahl der Industriespione in der Bundesrepublik schon heute auf 14.000.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung