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Beichtgeheimnis

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Die Affäre Udo Proksch sorgt in Justizkreisen für Kopfzerbrechen, auch wenn es einmal nicht um die Frage Uranerz-Aufbereitungsanlage oder nicht, politische Verquickung oder nicht geht.

Der Sieg des ORF über den Untersuchungsrichter, der Einschau in Filmmaterial nehmen wollte, um in der Strafsache Proksch weiterzukommen, hat das Mediengesetz ins Schußfeld geraten lasssen.

Konkret: Den Paragraphen 31, der den Schutz des Redaktionsgeheimnisses regelt — oder wie Juristen meinen, das Beichtgeheimnis der Journalisten.

Sie stört, daß den Gerichten der Griff in die Redaktionsstuben verwehrt ist, auch wenn Journalisten Fakten zu einer Strafsache recherchiert haben - und das Gericht ratlos ist.

Das Redaktionsgeheimnis kann die Arbeit der Gerichte behindern, ist auch der Vorwurf von Bruno Weis, Richter im Landesgericht für Strafsachen Wien, den er in der Zeitschrift „Medien und Recht” erhebt. Es ginge nicht an, daß von den Medien mögliche Straftäter der Verfolgung entzogen würden, „weil diese Medien und ihre Mitarbeiter meinen, selbst weit besser als die Gerichte zu wissen, wo Recht und Unrecht und wer schuldig oder unschuldig ist”.

Sein Groll gegen die Gesetzeslage geht nahtlos über zur Warnung vor dem Ende des Rechtsstaates: „Der Gesetzgeber hat sich somit auf einen Weg begeben, der direkt zu einer Privatjustiz der Medien führt, die darin gipfelt, daß Journalisten von einigermaßen großem Einfluß in der Öffentlichkeit geradezu diktatorisch darüber entscheiden, was die Gerichte tun dürfen und was nicht. Daß eine derartige Konsequenz für den Rechtsstaat nicht nur schädlich ist, sondern zu seinem Ruin führen kann, liegt auf der Hand.”

Noch näher liegt allerdings der Schluß, daß die Hilflosigkeit der Gerichte schon groß sein muß, wenn Überlegungen angestellt werden, wie der Arm des Gesetzes seine Informationen aus den Redaktionsstuben besorgen kann.

Statt das Mediengesetz zu kritisieren, müßten in dieser Situation gerade Gerichte Interesse an einem strikten Redaktionsgeheimnis haben. Denn wenn Informanten nicht sicher sein könnten, daß ihre Angaben vertraulich behandelt werden, dann hätten Richter und Staatsanwälte nicht einmal mehr die Möglichkeit, durch intensive Zeitungslektüre Interessantes aus der Welt des Kriminals zu erfahren.

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