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Denkpause in Kassel

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Nach vielem Hin und Her haben sich die Verantwortlichen in Kassel entschlossen, ihre Galgenfrist um ein Jahr zu verlängern: die nächste „documenta“, die sechste, findet erst 1976 statt. Zweifellos eine realistische Entscheidung, schließlich sind an diese Superschau in Sachen Kunst strenge Maßstäbe anzulegen, denn auf Grund des früheren Zuspruchs bleibt die „documenta 6“ zum Erfolg verdammt. Aber da wäre das Personalproblem.

In den vergangenen Monaten sind viele, zu viele Exposes auf die Schreibtische geflattert und anschließend in den Papierkörben gelandet. Viele Köpfe, viele Sinne. Und da einige der maßgebenden Kunstpäpste als Multifunktionäre oder doch vorwiegend als mit sich selbst beschäftigt zu bezeichnen sind, bleibt die Frage völlig offen, wer die endgültige Konzeption erarbeiten soll, zumal der jetzige Generalsekretär, Manfred Schneckenburger, vor allem damit zu tun haben wird, widersprüchliche Auffassungen unter einen Hut zu bringen. Eine Blutaufirischung hätte der „documenta“ gut getan, sie droht schon lange zu verbeamten. Es fehlt an Kunstmanagern, bei einem Zuviel an introvertierten Experten, von denen einige womöglich noch nie ein Bild aufgehängt haben, weil das unter ihrer Würde wäre.

Bislang steht folgendes auf dem Programm: Geschichte und Gegenwart der Handzeichnung, der Problemkreis plastischer auf die Umwelt ausgerichteter Formen, die Photographie als eigenständiges Medium, ferner der Bereich von Videoarbeiten. Ob die Favoriten vergangener Jahre sich weiterentwik-kelt haben, gehört ebenfalls zu den Themen, außerdem das bereits totgesagte Tafelbild. Das ist ein vegetarisches Menü für Leute vom Fach. Wie sollen damit die Besuchermassen angelockt werden? Wenn der Schein nicht trügt, wird- die „documenta 6“ eine Addition kleiner Ausstellungen, nur mit größerem finanziellen Aufwand.

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