6869268-1978_17_04.jpg
Digital In Arbeit

Die Frontalangriffe des TAB: Innsbruck als „Alpen-Chicago“?

Werbung
Werbung
Werbung

Das Bekenntnis zu einer „konservativen Politik im guten Sinn“ legte der Klubobmann des „Tiroler Arbeitsbundes“ (TAB), RA Dr. Wilhelm Steidl, anläßlich eines Referates in Rahmen der kulturpolitischen Vereinigung „Bruder-Wilhelm-Bund“ in Innsbruck ab. „Konservativ kommt nicht von Konserve, sondern ist viel fortschrittlicher als jeder Schrebergartensozialismus, und bürgerlich sein heißt noch lange nicht spießbürgerlich!“

Trotz einer weiträumigen Ideologie bleibt das Wirken des TAB auf den Mikrokosmos Innsbruck beschränkt, wenngleich ein künftiges Einsteigen in die Landespolitik nicht ganz ausgeschlossen wird. Vorerst konzentrieren sich die TAB-Aktivitäten auf eine Ver-

besserung des „Demokratiebildes und Stadtbildes“ von Innsbruck, wobei Steidl „fast unüberbrückbare Gegensätze“ zur gegenwärtigen Stadtführung feststellt. Seine Kritik richtet sich vor allem gegen autoritäre Regierungsmethoden und Machtverfilzung, Erscheinungen, die seinerzeit zur Trennung der damals auf der Lugger-Liste kandidierenden Gemeinderäte Klaus Posch und Wilhelm Steidl von der Stadtpartei führten. Durch permanente Demokratiereform sei es in der Zwischenzeit gelungen, auf diesem Gebiet „einige Mindesterfordernisse“ zu erreichen.

Was das Innsbruckbild betrifft, vertritt Steidl die Ansicht, diese Stadt habe in den letzten zwei Jahrzehnten

ihr traditionelles Gesicht verloren und sei heute ein „Alpen-Chicago“. Dann ein Frontalangriff mit aktuellen Beispielen: Innsbrucks Finanzlage sei katastrophal: „Die Pflichtausgaben waren heuer erstmals nicht mehr im ordentlichen Haushalt finanzierbar, und nur durch geschickte Budget-Kosmetik konnte dies vor dem Bürger verborgen werden.“ Es mache sich eine bedauerliche Betriebsabwanderung aus dem Stadtgebiet bemerkbar: „Es gehen immer weniger Steuern ein, und die Belastungen steigen.“

Der Fremdenverkehr sei trotz der zwei Olympiaden zurückgegangen: „Seit der ersten Olympiade haben sieben Hotels in Innsbruck zugesperrt, und es gibt um mindestens 300 Betten weniger in der Stadt.“ Innsbrucks Bürger fühlen sich nicht mehr wohl in ihrer Stadt. Das zeige sich in einem Rückgang der Einwohnerzahl und in der augenfälligen Stadtflucht am Wochenende.

Innsbruck müsse wieder zu einer typischen Identität finden. Es könne nicht alles zugleich sein: Sportstadt, Fremdenverkehrsstadt, Industriestadt, Kongreßstadt, Schulstadt, Orgelstadt, Verkehrsknotenpunkt und so weiter.

Gar vieles hat der TAB also auszusetzen und wie sein Erfolg bei der letzten Gemeinderatswahl zeigt, steht er nicht allein. Da er nun aber nicht nur im Gemeinderat, sondern mit einem Stadtrat auch im Senat vertreten ist, kann sich seine Tätigkeit nicht in der Kritik erschöpfen. Er hat auch Verantwortung zu tragen. Die kommenden Jahre werden zeigen, wie sich diese einstige Erneuerungsbewegung der ÖVP, in deren Reihen sich heute Vertreter aller Schichten und Farben befinden, in der nunmehrigen Doppelfunktion bewähren wird.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung