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Flüchtlinge im Wahljahr

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Irmenminister Franz Löschnak ist entwaffnend offen: Es gebe Zehntausende Kosovo-Albaner, die ins Ausland fliehen; „werm man da in Einzelfällen nachgibt, kann das unabsehbare Folgen für uns haben." Im Klartext bedeutet das: es geht gar nicht darum, ob die jungen Kosovo-Albaner berechtigt oder unberechtigt um Asyl ansuchen. Es geht einfach darum, daß der Innermiinister imd wahrscheinlich ein gar nicht so kleiner und ziemlich lauter Teil der Bevölkerung die jungen Wehrdienstverweigerer nicht aufnehmen will, weil sonst „ein jeder" kommen könnte.

Und genau darin liegt die paradoxe Unmenschlichkeit des Asylgesetzes und der Verfahrenspraxis: während das Gesetz seiner Grundidee nach eigentlich dazu da ist, Verfolgten gemäß der Genfer Konvention Flüchtlingsstatus zu gewähren, dient es tatsächlich dazu, die Grenzen dicht zu machen. Es geht nicht mehr tun die qualitative Entscheidung, ob jemand vor Verfolgung geschützt werden muß, sondern um die rein quantitativ motivierte Entscheidung, videviele Flüchtlinge aus rein innenpolitischen und - in einem Wahljahr - natürlich auch aus parteipolitischen Motiven gerade noch verträglich sind.

Geradezu pervers an der Asylpraxis ist, daß zumindest gegenüber den Flüchtlingen der Schein gewahrt werden soll, daß die Behörden Fall für Fall nach objektiven Kriterien entscheiden. Anscheinend will man es den zuständigen Beamten nicht zumuten, daß sie die Asylwerber mit einem einfachen „wir wollen euch nicht" abspeisen. Bei den Kosovo-Albanern ist, laut Löschnak, das entscheidende Kriterium, ob sie tatsächlich Wehrdienstverweigerer sind - denn, so der In-nempinister, „nicht alle Angaben, die gemacht werden, müssen auch stimmen". Entweder kennt Löschnak die unzähligen Berichte - von der KSZE bis zur Helsinki-Föderation - über die Menschem-echts-situation im Kosovo nicht, oder er will sie nicht kennen. Alle Männer im wehrfähigen Alter müssen jederzeit damit rechnen, eingezogen und als Kanonenfutter for den Krieg der Serben mißbraucht werden.

Ein Krieg, dessen Unmenschlichkeiten das offizielle Österreich stets mit Abscheu verurteilt hat.

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