7051295-1991_01_16.jpg
Digital In Arbeit

Doktor Schi

Werbung
Werbung
Werbung

Naive Zeitgenossen bezeichnen gelegentlich Sport als friedlichen Wettkampf. Daß ich nicht lache. Sicherlich, man kann auf den jeweiligen Kampf Wetten abliefern, aber was soll das schmückende Beiwort „friedlich"?

Nichts tobt so erbittert wie das Kräftemessen sportlicher Rivalen. Wer auf die oberste Stufe der Siegertreppe, auf das goldene Stockerl will, der kennt „keine Verwandten" mehr, der kämpft „mit Haken und Ösen", dem ist schließlich nichts „Unmenschliches mehr fremd" - was die eigene Anstrengung betrifft und wohl auch die Taktik, die die Gegner ausschalten soll. Natürlich'ist Sport nicht sinnlos, auch nicht der, bei dem es -zunächst - nicht um Geld geht. Ganz im Gegenteil: Es gibt auch im kommerziellen Sport eine Grenze, an der das materielle Interesse der Gladiatoren erlischt.

Wenn beispielsweise die Grenze der Obszönität von Geldprämien überschritten Wird, wie zuletzt im Münchner Protz-und-Parvenu-Tur-hier, dann winkte der eine oder andere Filzkugelartist nur noch müde ab.

Zu den verbissensten Wettkämpfen, die im Sport geführt werden, gehört sicherlich die Auseinandersetzung zwischen den Brettlkünstlerinnen aus Deutschland und Österreich. Ein Parzival, der glaubt, daß es dabei bloß um Sekunden oder deren Bruchteile, um umrundete oder ausgelassene Torstangen oder sonst irgendetwas Sportliches geht. Es geht in der immerwährenden Auseinandersetzung der in aller Freundschaft verfeindeten Alpenbewohner sichtlich um alles.

In der Langzeitbetrachtung rangieren die rotweißroten Schimädchen und Brettldamen wohl noch deutlich vor den nunmehr gesamtdeutschen. Zumindest was die alpinen Disziplinen betrifft. Die ließ die Sportgewaltigen aus Europas tüchtigstem Land natürlich nicht ruhen. Die fanden heraus, daß die deutschen Schneegleiterinnen die „Gebildetsten" sind - wenn nicht gar die Gescheitesten. Die eine Hälfte der schwarzrot-goldenen Frauen stürzt sich mit Abiturzeugnis in die Tiefe, die andere sogar mit einem veritablen Studienbuch.

Deshalb ist es höchste Zeit, daß die Universität Innsbruck ein Diplomstudium für alpinen Schilauf einführt.

Für eine Plazierung unter den ersten zehn bei einer österreichischen Meisterschaft gibt's den Magister, für eine Medaille bei Weltmeisterschaften, im Weltcup oder bei den olympischen Winterspielen aber den „Dr. Schi.".- Es wäre doch gelacht, wenn uns ausgerechnet die Deutschen in der Vergabe von Titeln besiegten.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung