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Ein Wenzl für alle

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1 Lebt Oberösterreichs Landeshauptmann Dr. Wenzl gefährlich? Oder hat er nur für ein Werbephoto auf einer schweren Maschin' zur dynamischen Motorradfahrt in die Zukunft posiert? Wie immer dem auch sei, Oberösterreichs ÖVP ist in den Wahlkampf gestartet und wenn dieser Wahlkampf abläuft wie geplant, wird es ein Wahlkampf, aus drei Elementen gemixt: Vorwahlen auf Gemeindebene, Umwelt-, Bildungsund sonstige Pläne und eine „gesunde Dosis Personalisierung“.

Für letztere bietet sich Oberösterreichs Landeshauptmann geradezu an: Gerade, weil er so gar nicht geschleckt und langweilig-photogen aussieht. Optisch exzellent präsentiert, ob auf dem Motorrad oder (leider offenbar farbig in ein Schwarzweißbild einkopiert) in der Fußgängerzone, mit jungen Leuten und am Steuer eines Puch-Haflingers.

Aber gerade zu Werbetexten wie „ein Mann wie unsere Zeit ihn braucht... der richtige Pilot für unser Vorwärtskommen“ oder „Oberösterreichs Frauen vertrauen ihm“, für so umwerfende Botschaften wie „modern dynamisch zielbewußt“ und so revolutionäre Eröffnungen wie „unser LH Dr. Wenzl für ein modernes Oberösterreich“ würde doch ein keimfreies Allerweltskonterfei viel besser passen.

Pfiffiger sind die Wählerservices der Landes-ÖVP; Oberösterreichs Sozialisten werden sich schön giften, wenn ihnen das schwarze Angebot, Brautleute und Ehekandidaten mögen sich vom Wählerservice der ÖVP über alle Details, unter anderem auch der (rot beschlossenen) Heiratsbeihilfe informieren lassen, in die Hände gerät. Oder das Merkblatt, das Aufklärung über die Möglichkeiten zum gebührenfreien Fernsehempfang (für Leute, deren Einkommen unter einer bestimmten Freigrenze bleibt), gibt.

Während Bildserien eines Wenzl für alle („Unser LH an der Wiege neuen Lebens“ und „Unser LH befaßt sich mit der Situation der berufstätigen Frau“ und „Unser LH mit seiner Familie“ und „Unser LH kennt die Probleme der Mütter und hilft, wo er kann“ und, und ...) von Werbefachleuten als „wirkungslose optische Leerformeln“ abqualifiziert werden, rechnet sich Oberösterreichs ÖVP eine deutliche Anhebung ihres Images durch die Demokratisierung der örtlichen Kandidatenauslese aus. Dabei werden erstmals in einem solchen Ausmaß und mit solcher Verbindlichkeit breite Bevölkerungsschichten an der Aufstellung der Kandidatenliste für die Gemeindewahlen beteiligt — nie zuvor hatte die gesamte Bevölkerung einer Gemeinde Gelegenheit, die Kandidaten einer Partei auszuwählen. Auch Sozialisten haben (soweit sie wollten) an der Aufstellung der ÖVP-Kandi-daten mitgewirkt, Es galt, zahlreiche Bedenken zu zerstreuen, denn so mancher Mandatar mußte seine Pfründe aufs Spiel setzen.

Eine Fülle von Problemen schneidet die oberösterreichische ÖVP in neun detaillierten Plänen an, etwa einem Umweltschutzplan, einem Bildungsplan, einem Landessozial-und Gesundheitsplan, wobei vor allem letzerer geeignet wäre, Frau Dr. Leodolter auf etliche Möglichkeiten zu stoßen, wie man mit geringen Mehrausgaben Spitäler menschlicher machen kann — das beginnt bei dem orschlag, Kindern eine Broschüre mit Bildern in die Hand zu geben, die ihnen das Spital etwas verständlicher macht, und reicht bis zum Vorschlag einer Neuordnung des Krankenpflegedienstes, die diesem Beruf nicht zuletzt ein höheres Sozialprestige verschaffen soll.

Eine Fülle von Experten muß an diesen Plänen mitgearbeitet haben, leider erfährt man nichts über diese Männer im Hintergrund. Wohingegen einer der schönen, bunten Prospekte für den Landeshauptmann und sein Team selbst die Sternzeichen der engen Mitarbeiter nicht verschweigt — demnach ist der Löwe Wenzl von einer Jungfrau und drei Widdern umgeben. Eine Waage sorgt für ausgeglichene Landesflnanzen.

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