6809712-1972_27_05.jpg
Digital In Arbeit

VÖESt.-Wind für Wenzl?

Werbung
Werbung
Werbung

Oberösterreichs Plakatwände ziert derzeit eine ÖVP-Werbung für den Landeshauptmann: Auf einer schnittigen Honda-Rennmaschine sitzend, dreht Dr. Wenzl voll auf.

So präsentiert ihn seine Partei sportlich-forsch den Landsleuten. Früh werfen also die Landtagswahlen im Herbst nächsten Jahres im industriedominierten Bundesland ihre Schatten voraus. Immerhin steht für die politischen Parteien rund um Linz viel auf dem Spiel. War es den Sozialisten bei den letzten Urnengängen gelungen, die Volkspartei auch in diesem einstigen Kernland stimmenmäßig zu überrunden, so wird es 1973 um mehr als nur den Landeshauptmann gehen. Denn daß es dabei auch ein Votum für oder gegen Kreisky geben wird, steht außer Zweifel.

Die ÖVP hat sich jedenfalls zu einem frühen Start entschlossen. Mit Wählerservice und Vorwahlverdinglichtes Spiegelbild der traditionellen Organisationsform darstellen — mit den Übertreibungen bloßer Intellektuellengruppen", dann werden die Parallelen zu Österreich besonders plastisch.

Noch anläßlich der Anti-Nixon-Demonstrationen in Salzburg mußte ein Wiener Genosse betrübt feststellen: „Unsere Linke ist nur ein Haufen von Sektierern."

In Deutschland wird wieder zum Sammeln geblasen, der Kreuzzug gegen Vereinsmeierei, Verbürokra-tislerung und Intellektualisierung hat begonnen. Sollte der deutschen Linken die Konsolidierung gelingen, dann stehen auch den österreichischen Hochschulen heiße Semester bevor. modell will man möglichst alle Kräfte mobilisieren, um die Mehrheit rückzuerobern. Und alles deutet auf einen Persönlichkeitswahlkampf hin. Dafür ist Dr. Wenzl auf dem Honda-Plakat ein untrügerisches Zeichen. Der Landeshauptmann war es auch, der mit der Proklamation eines Umweltschutzjahres für Oberösterreich die Sachoffensive eröffnet hat.

Erst vor kurzem haben übrigens die Meinungsforscher diese Strategie bestätigt: Im Bekanntheitsgrad liegt Wenzl weit über den Erwartungen, während sein Gegenspieler, SPÖ-Landeshauptmannstellvertreter De-muth, eher unbekannt ist.

Niemand glaubt freilich, daß diese Frage allein ausschlaggebend sein könnte.

Kein Wunder also, wenn sich politische Kreise in Linz jetzt den Kopf darüber zerbrechen, ob der jüngste Wirbelwind rund um die VÖESt. nicht zu einem Rückenwind für Doktor Wenzl werden könnte. Fest steht, daß die Auseinandersetzung rund um die Stahllösung den Sozialisten in Oberösterreich wohl kaum genützt haben dürfte. Die VÖESt. ist eben ein lokales Nationalheiligtum, das niemand antasten darf.

Das wissen natürlich auch die Sozialisten im Bundesland, deren Stimmung in dieser Auseinandersetzung zwischen Niedergeschlagenheit und offener Wut auf Wien, je nach Stand der Dinge, schwankte. Darum ist es auch nicht verwunderlich, wenn die SP-Landesgewaltigen diesmal nicht in das Horn Doktor Kreiskys bliesen, der den oberösterreichischen Volksaufstand als Propagandaaktion der ÖVP abqualifizieren wollte.

Die gefährliche Klimaverschlechterung dürfte auch Dr. Kreisky klar erkannt haben. Die Kehrtwendung, bei der als „optimale Lösung" jetzt Linz zumindest praktisch Sitz der Generaldirektion der neuen Gesellschaft sein soll, der übrigens der VÖESt.-Generaldirektor Dr. Koller vorstehen dürfte, hat vorerst die Gemüter beruhigt. Für den einfachen Mann auf der Straße, der mit handelsrechtlichem Sitz und Begriffen wie Dirimierungsrecht nichts anzufangen weiß, hat sich Oberösterreich durchgesetzt.

Ob solches freilich auch noch in mehr als einem Jahr von Wahleinfluß sein kann, läßt sich kaum beurteilen.

Jedenfalls: Wenzl fährt vorläufig um einen Gang schneller auf seiner , Honda ...

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung