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Wenzls Plan

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Bereits jetzt richten die Wahlstrategen aller politischen Parteien ihre Sandkastenspiele auf das Jahr 1973 aus: Sie nützen vor allem das wahlfreie heurige Jahr nicht nur zur sorgfältigen Ausfeilung von Wahlkampfkonzepten, sondern setzen schon jetzt systematisch Akzente, um im entscheidenden Augenblick die bestmögliche Startchance für ihre Partei sicherzustellen.

Schauplätze des nächsten Kräftemessens im Ringen um die Wählergunst sind die Bundesländer Burgenland und Oberösterreich, wo im Jahre 1973 Landtagswahlen stattfinden werden. Wohl am interessantesten aber dürfte der Kampf um den Sessel im'Linzer Landhaus sein, den die ÖVP nach den letzten Wahlen nur mühsam hätte halten können.

Der Landeshauptmann Dr. Erwin Wenzl hat freilich keineswegs den Ehrgeiz, als letzter . ÖVP-Landes-hauptmann im wirtschaftlich stärksten Bundesland in die Parteigeschichte einzugehen. Demnach strengt er sich gewaltig an und hat ein Konzept entwickelt, um die Wählermassen bis 1973 für die Volkspartei mobilisieren zu können. Über die in aller Stille getroffenen Vorbereitungsmaßnahmen ist Wenzl inzwischen aber offenbar schon hinaus. Aus seiner Umgebung verlautet, daß man aus früheren Fehlern die Lehre gezogen hat. Man verläßt sich heute nicht mehr darauf, Leistungen „allgemein“ zu präsentieren, sondern will möglichst jeden Oberösterreicher persönlich erfassen, informieren, beraten und nach Tunlichkeit bei der Lösung seiner individuellen Probleme unterstützen.

So entstand ein Wählerservice der ÖVP Oberösterreichs, dem nachzueifern auch schon andere Landesparteiorganisationen bemüht sind.

Damit aber wollen Wenzls Leute die Sozialisten an ihrer empfindlichsten Stelle angreifen, weil deren Erfolg bisher zu einem guten Teil im funktionierenden System der Vertrauensleute lag. Daß die Volkspartei nun in Oberösterreich darangeht, dieses Monopol zu brechen, macht die Linkspartei offenbar etwas nervös.

So reagierte die SPÖ vor wenigen Tagen mit dem Vorwurf, die Volkspartei betreibe „reine Publikationsoptik“ und strapaziere das Regierungsabkommen durch Positionszementierungen bis zur Zerreißprobe. Nicht ungeschoren bleibt auch die Umgebung Wenzls, dem man die Zahl seiner Sekretäre vorwirft. Auch klingt Neid durch, wenn das Gehalt seines Pressereferenten zum Gegenstand öffentlicher Erörterungen gemacht wird.

Jahr des Umweltschutzes

Wenzl begann seinen Kampf auch mit Paukenschlag, als er im November 1971 das Jahr 1972 zum Umweltschutzjahr erklärte. Der Landeshauptmann will das Umweltschutzjahr 1972 als eine Art Initialzündung für die Zukunft verstanden wissen, wobei die Bewußtseinsbildung möglichst die gesamte Bevölkerung des Bundeslandes nach Zielgruppen erfassen soll. Klug tempiert wird beispielsweise der Oktober 1972 zum Monat der sauberen Landschaft erklärt werden. Dabei sollen die Bevölkerung, die Schulen und Vereine zur Säuberung der Landschaft von Abfällen aller Art mobilisiert werden. Diese Bemühungen will man mit den Geräten der öffentlichen Einrichtungen unterstützen.

Dagegen können die Sozialisten kaum etwas einwenden. Sie tun es auch nicht, sondern versuchen, mit einem Landesentwicklungsprogramm des BSA nachzuziehen.

In der ÖVP bastelt man gegenwärtig aber auch an einem moderneren System der Kandidatenauswahl für die Landtagswahl 1973. Man hofft auf diese Weise, auch durch die Auslese der Kandidaten bei der Bevölkerung Echo zu finden.

Wenzl und seine Leute scheuen jedenfalls keine Mühe, um für 1973 die sicherlich nicht leicht zu gewinnende Siegespalme zu erringen.

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