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Zum Schluß: Schattenboxen

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Mit wachsendem Unbehagen registrierten vor allem ÖVP-Anhänger in Oberösterreich während der letzten Wochen und Tage, daß die Landtagswahl am kommenden Sonntag fast völlig umfunktioniert

wurde. Weil SPÖ-Spitzenkandidat Fridl allein als Zugpferd zu schwach ist, gibt es für ihn massive Wahlkampfhilfe des Bundeskanzlers, der seine zahlreichen Auftritte zwischen Inn und Enns zu Kreisky-Shows mit bundespolitischem Background

macht. Die Folge ist, daß dabei landespolitische Themen vollkommen zugedeckt werden und nach wiederholten Äußerungen des Kanzlers, der selbstbewußt auf seine Faszinationsstrahlen baut, offenbar nicht die neue Landtagszusammensetzung, sondern eine Kreisky-Wahl erfolgen soll.

Ähnlich läßt auch die FPÖ in Oberösterreich den „Wahlhasen-' laufen. Der in weiten Teilen des Landes unbekannte Spitzenmann der Freiheitlichen, Horst Sehender, braucht ebenfalls kräftige Unterstützung. Sie wird ihm von Bun-desparteiobmann Peter gewährt, der mit einem eigenen Werbetroß durch die Bezirke kreuzt und auch mehr von der Bundespolitik spricht, weil er von speziellen Oberösterreichfragen genauso wenig berührt ist wie Kreisky.

Für die ÖVP, die ihr Werbetrommelfeuer praktisch ausschließlich mit Wenzl-Munition speist, bedeutet das, daß ihr Spitzenboxer, eben Landeshauptmann Wenzl, allein im Ring Schattenübungen gegen unsichtbare Gegner durchführen muß. Es ist ein offenes Geheimnis, daß die oberösterreichische VP nicht gerade erpicht darauf ist, parteiliche Bundesgrößen ins Land zu bitten.

Auf Grund dieser Entwicklung hat sich zuletzt die Reihe der VP-Skep-tiker stark gelichtet, die der von Gags im amerikanischen Stil fast

übergehenden Parteiwerbekampagne für Wenzl ziemlich reserviert gegenüberstanden. Sie schwören jetzt darauf, daß es richtig war, sehr früh und massiv mit dem Aufpolieren des Wenzl-Images zu beginnen und die in Österreich noch nie praktizierte Linie konsequent durchzuziehen.

Ob es deshalb einen Vorsprung für Wenzl gibt und ob er unverringert bis zum Wahltag gehalten werden konnte, wird sich erst am 21. Oktober erweisen. Sicher wird die Entscheidung auch von einer Anzahl von Sondereinflüssen bestimmt werden. Keineswegs der geringste davon könnte das Verhalten der Bundesregierung und vor allem des Kanzlers bei dem Anschlag der arabischen Terroristen gegen die jüdischen Emigranten sein. Bekanntlich ergaben Meinungsumfragen eine weitgehende Zustimmung für die Haltung der Regierung. Womit die ÖVP-Kritik wahrscheinlich Wenzl trifft, obwohl gerade er, wie man weiß, die Frontstellung der Bundes-VP nicht für richtig hielt.

Wie immer die Wahlentscheidung am 21. Oktober in Oberösterreich ausgehen wird, das geflügelte Wort: Der Sieg hat viele Väter, wird sich erneut bestätigen. Gelingt dem im Amt befindlichen Landeshauptmann Wenzl ein Stimmensieg, dann wird man sich auch in der Wiener Kärntnerstraße auf die Schultern klopfen. Wenn SPÖ-Kandidat Fridl

nach der Auszählung am Sonntagabend die Nase vorn haben sollte, werden zweifellos Kreisky und sein Team triumphieren. Und wenn der

FPÖ in Oberösterreich ein Ausbau ihrer Position glückt, wird Bundes-parteiobmann Peter eine Bestätigung seiner Politik herauslesen. Recht schwer werden es dagegen die offiziellen Kommentatoren der Verlierer haben. Wahrscheinlich wird dann der unterlegene Spitzenkandidat mit seiner Landespartei die Schlappe allein ausbaden müssen.

Mit dem Wahlgang wird aber kaum auch schon die Entscheidung über die Besetzung des Landeshauptmannpostens fallen, rechnet man in Oberösterreich realistisch mögliche Stimmenverschiebungen durch. Es wäre auch tatsächlich eine Überraschung, wenn eine der beiden großen Parteien die absolute Mehrheit erreichte. (Derzeit steht es im Landtag 23:23:2). Über die Zusammensetzungsformel für die nächste sechsjährige Legislaturperiode

schwiegen sich bis jetzt auch die Meinungsforscher aus. Es scheint alles offen und jede Kombination möglich.

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