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Nachlese zu den Landtagswahlen in Kärnten und Salzburg.

Wo ist der Kanzler? Diese Frage war zwischen all den Berichten, Analysen, Politikerwortspenden am letzten Wahlsonntag stets präsent. Ein wenig fühlte man sich an 1999 - ebenfalls ein 7. März - erinnert: als Viktor Klima nach dem desaströsen SP-Ergebnis in Kärnten (die FP hatte die SP überholt und war stimmenstärkste Partei geworden) abgetaucht war, bis er sich schließlich von einem ORF-Team im Bundeskanzleramt interviewen ließ und dort fahlen Antlitzes zu Protokoll gab, er arbeite auch an diesem Tag für Österreich, und im übrigen seien Landtagswahlen ohne bundespolitische Relevanz: eine nachgerade gespenstische Szene, die sich einprägte.

Nun, so schlimm war es diesmal mit dem Kanzler nicht. Doch entzog sich Wolfgang Schüssel den ganzen Sonntag lang allen Kameras und Mikrofonen und ließ seine Paladine antreten: Tapfer lächelte Wilhelm Molterer, gespielt-locker beantwortete er die Frage nach Schüssels Verbleib mit: "weil ich die Fragen beantworte". Hm... Reinhold Lopatka wiederum wirkte wie ein Vorzugsschüler, der ein Nichtgenügend auf die Schularbeit geschrieben hat und unter dem Spott der Klassenkollegen sichtbar leidet. Er ließ uns dann wissen, der Kanzler sei bei seinen Salzburger Freunden, und im Übrigen stimme das mit der Schweigsamkeit gar nicht, am Montag werde man ein Interview mit Wolfgang Schüssel in einer Zeitung lesen können, "es gibt eben nicht nur den ORF".

Ja, es gibt auch die Krone - und dort konnte man dann lesen, dass die ÖVP in Kärnten Opfer der Polarisierung zwischen Rot und Blau geworden sei und in Salzburg diese Polarisierung (zwischen Rot und Schwarz) nicht funktioniert habe. Letzteres ist natürlich Unsinn: Es hat in Salzburg, wenn auch von den handelnden Personen her nicht ganz so stark, ebenfalls eine Polarisierung gegeben - und deren Opfer wurde, wie in Kärnten die ÖVP, die FPÖ. Das hängt mit dem wohl unumkehrbaren Trend zur Personalisierung der Politik zusammen; Wahlkämpfe spitzen sich mehr und mehr auf die zwei chancenreichsten Personen zu. In Kärnten hat die Person Jörg Haider stärker überzeugt, in Salzburg Gabi Burgstaller. Haider ist nicht wegen seiner Verdienste um das Land wiedergewählt, Schausberger nicht wegen schlechter Arbeit abgewählt worden; die Entscheidungen der Wähler und Wählerinnen fallen nicht primär rational-sachorientiert, Erfolg und Misserfolg am Wahltag gründen zu einem Gutteil im Atmosphärisch-Symbolischen der Politik, welches immer wichtiger wird.

Weil es zwar nicht nur, aber eben doch auch den ORF gibt, durfte am Montag abend dann Hans Bürger ein paar Fragen an den Kanzler stellen, darunter die leicht unbotmäßige, ob ihn, Schüssel, nach diesen Ergebnissen nicht doch Zweifel an der Richtigkeit seines Kurses überkämen. Die Antwort - ähnlich wie zuvor in der Krone, aber noch deutlicher - mutete für Schüssel'sche Verhältnisse geradezu flagellantenhaft an, räumte er doch ein, was selbst wohlmeinende Kommentatoren seit Jahr und Tag monieren: dass, sinngemäß, Reformen der Erklärung bedürfen, dass Menschen überzeugt und mitgenommen werden wollen. Ob er da Fehler gemacht habe? Da muss er lachen, nein, so könne man das nicht sagen. Und im Übrigen, siehe Viktor Klima, seien Landtagswahlen eben Landtagswahlen...

Kurzfristig wird Schüssel nicht viel zu lachen haben, auch wenn sich Jörg Haider nach der Wahl wieder einmal ganz staatstragend gab - nein, es sei ihm überhaupt nicht daran gelegen, in der Koalition in Wien zu zündeln (war da einmal was?). Aber einigermaßen beruhigt kann der Bundeskanzler wohl schon in die Zukunft schauen: Er weiß, dass es zu ihm und seinem Kurs im Großen und Ganzen keine Alternative in der Partei gibt, dass die Kritiker aus Ländern und Bünden entweder nie seine Rolle übernehmen könnten oder aber an seiner Stelle nicht viel anders als er agieren würden. Last not least kann ihn ein Blick rundum einigermaßen zuversichtlich stimmen: die Agenda ist überall cum grano salis die selbe, unabhängig von der politischen Couleur. Dass Rot-Grün in Deutschland als Schreckgespenst herhalten muss, kann man getrost unter schwarz-(blauer) Folklore subsumieren.

rudolf.mitloehner@furche.at

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