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Keine Hilfe aus Wien

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Unmittelbar vor den Sommerferien will in den Parteizentralen keine rechte Urlaubsstimmung einkehren; die Schatten des kommenden Wahlherbstes sowie die diesen Wahlen zukommende Bedeutung lassen keine rechte Freude aufkommen.

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Unmittelbar vor den Sommerferien will in den Parteizentralen keine rechte Urlaubsstimmung einkehren; die Schatten des kommenden Wahlherbstes sowie die diesen Wahlen zukommende Bedeutung lassen keine rechte Freude aufkommen.

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Am 21. Oktober werden in Wien und Oberösterreich Landtagswahlen stattfinden; insbesondere dem oberösterreichischen Ergebnis kommt eine besondere Bedeutung zu — nicht nur, weil Kreisky selbst diese Wahlen als Testwahlen bezeichnet hat, sondern vor allem deshalb, weil in Oberösterreich rund 800.000 Wahlberechtigte auch ihre Meinung zur Bundespolitik in die Urne werfen werden. Oberösterreich ist auch kein Agrarland, sondern verfügt über einen hohen Anteil an nicht in der Landwirtschaft unselbständig Tätigen (in Gemeinden über 5000 Einwohner sogar rund 80 Prozent!).

Oberösterreichs Beschäftigungsstruktur sieht derzeit folgendermaßen aus:

Land- und Forstwirtschaft: 17,5 Prozent.

Selbständige (nicht in der Landwirtschaft: 10,3 Prozent.

Nichtlandwirtschaftliche Unselbständige: 72,2 Prozent.

Während die Situation in Wien durch die jüngsten Ereignisse eher verworren ist und kaum Prognosen zu vernehmen sind, wird die kontinuierliche Entwicklung in Oberösterreich ausführlich kommentiert.

Bisher wurden in Oberösterreich bei Landtagswahlen jeweils 48 Mandate vergeben; am 21. Oktober 1973 werden erstmals 56 Mandate zu vergeben sein. Umgelegt auf diese neu zu vergebende Mandatszahl, läßt sich ein Wahlergebnis (Basis: Landtagswahlen 1967 und Nationalratswahlen 1971) von 26:26:4 errechnen.

Der tatsächliche Wahlausgang wird jedoch von einer Reihe anderer Faktoren beeinflußt sein.

Da ist in erster Linie der jugendlich und dynamisch wirkende Landeshauptmann Wenzl, dessen Be-kanntheitsgrad von 93 Prozent sich sehen lassen kann. Wenzl, der als Vollblutpolitiker nahtlos dem „großen alten Mann“, Gleißner, nachfolgte, dürfte es bereits geschafft haben, in die großen Schuhe seines beliebten Vorgängers hineinzuwachsen. So nebenher wird der robuste Innviertier, dessen Stärke nicht zuletzt auch im persönlichen menschlichen Kontakt liegt, durch eine Imagewerbung forcier, die derzeit wohl zum besten gehört, was in Österreich angeboten wird.

Unter solchen Auspizien konnte es für den Listenführer der Sozialisten nicht leicht sein. Erst im Herbst 1972, also reichlich spät, entschloß sich die oberösterreichische SPÖ, ihren glücklosen Listenführer Stefan Demuth gegen einen jüngeren Kandidaten auszuwechseln. Der überraschend gekürte Landesrat Fridl hatte damals einen Bekanntheitsgrad von weit unter 50 Prozent. Zahlreiche SPÖ-Mitglieder antworteten auf die Frage nach ihrem Landesvorsitzenden mit „Wenzl“.

Immerhin; in der Zwischenzeit hat Josef Fridl seinen Bekanntheitsgrad auf 70 Prozent heben können, er gibt jedoch selber zu, daß es ihm nicht gelingen wird, Wenzl einzuholen, geschweige denn zu übertreffen.

Kein Wunder also, daß die ober-österreichische SPÖ vor allem auf Bundeskanzler Kreisky als Wahllokomotive Nr. 1 zählt. Kreisky hat auch bereits seine Mitarbeit zugesagt und wird — das kann als sicher angenommen werden — im Land ob der Enns sein Letztes geben, um eine erneute Schlappe seiner Partei zu verhindern.

Demgegenüber vertraut die ÖVP auf ihr Wahl-As Wenzl; an einer übertriebenen Wahlhilfe aus Wien ist sie nicht interessiert, man erklärt, „selbst Manns genug zu sein, diesen Wahlkampf zu gewinnen“; ein Argument, auf das sich Wahlkämpfer Kreisky noch etwas einfallen lassen wird. Auf jeden Fall sollte der Lokalpatriotismus nicht unterschätzt werden.

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