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Es geht um mehr als um den Hering

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Der Agrarministerrat der Europäischen Gemeinschaft nahm an 27. Juni in Brüssel seine Gespräche über den Heringsfang in den Gewässern der Neun wieder auf, nachdem es dem niederländischen Landwirt- schaftsminister Van der Stee Mitte Mai gelungen war, dem Rat das Zugeständnis für den Fang von 1500 Tonnen Heringen im Juni abzuringen. Van der Stee will der niederländischen Fischerei sogar eine Ausnahmegenehmigung für den Fang von weiteren 3000 Tonnen bis zum Ende dieses Jahres ermöglichen, während für die anderen Mitgliedsstaaten der Heringsfang verboten bleiben soll. Ist dies gerechtfertigt?

Der einzige Hochschullehrer in West-Europa auf dem Gebiet der Fischzucht und Fischerei, Prof. Dr. E. A. Huisman, Landbauhochschule Wageningen, meint dazu, es müsse so schnell wie möglich eine Verschiebung der Interessen vom Fischfang zur Fischzucht erfolgen. Die Abnahme des Fischbestandes und die hieraus sich ergebenden Preissteigerungen sind besorgniserregend. Prof. Huisman betont, trotz politischer und fachtechnischer Diskussionen über Fischereizonen und Fangbegrenzungen müsse auf lange Sicht mit einem Rückgang des Fischkonsums gerechnet werden, wenn man sich nicht entschließe, die Entwicklungsländer für die Fischzucht zu gewinnen. Tropische Gewässer seien dafür besonders geeignet.

Der durchschnittliche Fischverbrauch beträgt zur Zeit 12 Kilo im Jahr pro Kopf der Weltbevölkerung. Das entspricht etwa 70 Millionen Tonnen Fisch. Im Jahre 2000 wird mit einem Verbrauch von 16 Küo Fisch pro Kopf gerechnet, wofür jährlich 130 Millionen Tonnen nötig wären.

Die Fischzucht wird seit Jahrtausenden in Teichen betrieben, worin die Fische in stehendem Wasser von natürlichem Futter leben. Mit dieser weitverbreiteten Methode werden Erträge von einigen Dutzend Tonnen pro Hektar jährlich erzielt. In der modernen Fischzucht allerdings werden Zuchtbassins mit durchströmendem Wasser verwendet, dem Spezialfutter zugesetzt wird. Hierbei werden Erträge von einigen tausend Tonnen Fisch pro Hektar jährlich erzielt.

Vom produktionstechnischen Gesichtspunkt aus bezeichnet Huisman die moderne Fischzucht als „eine effiziente Methode zum Umsetzen niedrigwertiger Futtermittel und Abfalle in hochwertige, eiweißhaltige Lebensmittel zum menschlichen Verbrauch”.

Außerhalb der Sowjetunion wird in etwa 60 Instituten Fischzuchtforschung betrieben. Gegenstand der Forschung sind etwa 40 wichtige Fischarten. In der ganzen Welt werden etwa 250 Fischarten erforscht. Uber den tatsächlichen Futterbedarf und viele Fischkrankheiten ist noch immer zu wenig bekannt. Prof. Huisman fordert darum internationale Konventionen zum Schutz gegen die Weiterverbreitung von Fischkrankheiten.

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