Eine Mauer durch Hietzing

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Mauern stehen derzeit hoch im Kurs. Sich stark fühlende Mannsbilder träumen sie herbei: US-Präsident Trump, der von einem 5,7 Milliarden Dollar teuren Wall an der Grenze zu Mexiko schwadroniert, und Ex-Innenminister Kickl, der von einem eine Milliarde Euro teuren Grenzzaun zum Schutz der Südgrenze Österreichs träumt. Es gab und gibt aber auch Mauern, die historisch zusammengewachsene Gebiete trennten und trennen. Entsprechende Pläne von DDR-Chef Walter Ulbricht wurden in den 1960er-Jahren als Berliner Mauer verwirklicht. Noch kurz vor ihrem Bau stritt Ulbricht ab, dass er so etwas plane. Solche Schwindeleien sind heute gar nicht mehr nötig. Bei einem Informationsgespräch wurde der durchaus besorgten Bevölkerung der fertige und nach Meinung der ÖBB unveränderbare Plan zu einem Mauerbau durch den 13. Wiener Gemeindebezirk vorgeführt. Die Vortragenden hatten vom Bezirk und seiner Geschichte nicht die leiseste Ahnung und beschönigten die Vorzüge der geplanten Hochbahn propagandistisch.

Wo käme man auch hin, wenn Lösungen gemeinsam mit und nicht gegen die Bevölkerung erarbeitet würden? Die Strecke der Verbindungsbahn zwischen Penzing und Meidling soll im Bereich Hietzing in teilweiser Hochlage geführt werden, da eine umwelt- und menschenfreundlichere Tieferlegung den Verantwortlichen zu aufwendig und teuer käme. Häuser und Wohnungen würden brutal entwertet. Die Frequenz würde durch Schnellbahn-, aber auch Güterzüge verstärkt. Ein Verkehrschaos wäre die Folge, da nur zwei Durchfahrtsmöglichkeiten für PKWs geplant sind. Vor allem aber würde der Bezirk durch eine mehr als zehn Meter hohe Mauer getrennt – und auch entstellt – werden. Versteinerte Politik von Vorgestern verbirgt sich wieder einmal unter dem Deckmantel fortschrittlicher Stadtplanung: Bürgerferne statt Bürgernähe. Noch wäre Zeit, die Mauern in den Köpfen der Verantwortlichen abzubauen und solche Pläne nicht zu verwirklichen.

Der Autor ist freier Journalist

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