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Psychogramm einer Kulturlandschaft

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Ein TeiJ der berühmten „Geschichten aus dem Wienerwald” des großen Dramatikers Ödön von Horväth spielen in der Wachau - und das keineswegs zufällig. Die Wachau scheint doch ein Kulminationspunkt der österreichischen Seele zu sein. Und genau das ist auch Ausgangspunkt der neuen Reiseführer-Reihe des Falter-Verlages, nämlich die Seele einer Kulturlandschaft einzufangen.

Zur Erforschung dieser Seele beginnt dieser Reiseführer, wie jeder gute Psychologe, mit der pränatalen Phase, als noch die Urdonau bei Krems ins Meer mündete. Die prähistorische, 25.000 Jahre alte Venus von Y\ illendorf markiert dann sozusagen die Geburt des Menschen. Sie ist erstes Zeugnis der Besiedlung dieses Landstrichs. In dieser Weise lernt man die „Biographie” dieses Donautales kennen. Den Abschluß dieses Teils bildet die Geschichte der wichtigsten Einnahmequelle der W achauer: dem Y\ einbau.

Ist man mit der Herkunft vertraut, kann man sich mit der gegenwärtigen Gestalt beschäftigen. Eingeteilt in die drei (Körper-)Regionen Strudengau, Nibelungengau und W achau, wird die Schönheit der gewachsenen Landschaft mit konkreten Beispielen in V\ ort und Bild entfaltet. Da finden sich dann in Wort und Bild Tips für Wanderungen, bis hin zur Vorstellung interessanter Persönlichkeiten. So kann man etwa bei dem fast 1.000-jährigen Ort Nöchling im Strudengau einen Hinweis auf jenen Wanderweg finden, der beim Faschingleitenhof, dem Elternhaus des weit über Österreich hinaus bekannten Kabarettisten Josef Hader, vorbeiführt.

Ein anderes Detail, das man wahrscheinlich nicht so leicht woanders finden wird, ist die kleine Geschichte des „Kremser Senfs”, der mittlerweile längst in Wien produziert wird, Mitte des vorigen Jahrhunderts aber in Krems von Johann Georg Hietz-gern und Zeno Gögl auf ein industrielles Niveau gehoben worden war, indem sie erstmals die Dampfmaschine dafür einsetzten.

Aber auch vieles, was das Leben in diesem charaktervollen Donautal erleichtert, also Adressen von Lokalen, Übernachtungsmöglichkeiten und ähnlichem, finden sich am Ende der Kapitel. Vor dem Namensregister der beschriebenen Orte gibt es noch einen Abschnitt zu den Wachauer Weinen samt deren Erzeugern (Winzer) und Vertreibern (WTirte) sowie Tips zur „öffentlichen” Anreise. Damit ist diese sorgfältige Art, Reiseführer zu machen, besonders für jene geeignet, die sich auf Land und Leute einlassen wollen. Noch erschienen in dieser Reihe: „Das Kamptal” und „Der Neusiedler See”,;

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