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Film — Kunst oder Geschäft?

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Die Verleihfirmen bringen schnell noch vor der (toten) Sommersaison die letzten „Zuckerln“ ins Kino, einige „Großfilme“, die aber nicht groß genüg sind, in kommerzieller Hinsicht anscheinend, um bis zum Herbst warten zu können. Dieser Folgerung durften wir es wohl verdanken, daß wir den eben erst in Cannes gezeigten, nach „Sweet Charity“ und „Cabaret“ dritten Film von Bob Fosse schon so schnell in Wien zu sehen bekommen.

Fosse schildert in „Lenny“ in effektvoll-schlichter Schwarzweiß-Manier fast dokumentarisch das Leben des 1966 an einer Überdosis Morphium gestorbenen Cabaret- und Nachtklub-Entertainers Lenny Bruce (richtig Leonard Alfred Schneider), der nach anfänglicher Erfolglosigkeit dadurch berühmt wurde, daß er sein Publikum mit Obszönitäten schok-kierte oder erheiterte, je nach Geschmack, und in den rüden Stil aktuelle sozial- und gesellschaftskritische Sentenzen vermischte. Nun, der Film ist wohl auch Geschmackssache, da er Bruces Vokabular wörtlich übernimmt — und ob man ihn als unnötig und geschmacklos oder als Vorkämpfer einer neuen, offeneren Moral betrachtet: unleugbar und eindeutig steht die raffinierte, manchmal manieristisch-effekt-hascherische, künstlerische Qualität des Films da; allerdings — was will Fosse mit dem Film eigentlich? Wenn er ganz aufrichtig wäre, hätte der Drehbuchautor nichts beschönigt, hätten echte Interviews mit den noch lebenden Zeugen stattgefunden, statt gespielter.

Eindeutig trifft dies für den ebenso unbedeutenden wie unwichtigen Nachfolger des Sensationsfilms „Der Exorzist“ zu, der „Der Antichrist“ heißt, ebenso abstoßend und ekelhaft wie der Vorgänger und auch durch die Mitwirkung bekannter Darsteller nicht besser oder sehenswerter geworden ist. Diese zweitklassige Kopie arbeitet mit den gleichen unappetitlichen Effekten und spektakulärem blasphemischem Verdummungshokuspokus ohne jede ernsthafte Aussage oder Absicht.

Die Retrospektive und Ausstellung „Meister der Regie“ im Alten Schloß in Laxenburg ist dieses Wochenende drei in Wien geborenen Filmkünstlern gewidmet: Freitag, 20. Juni wird um 16.30 Uhr Karl Grünes expressionistisches Meisterwerk „Die Straße“ (1923, mit Eugen Klopfer und Lucie Höflich) gezeigt, Samstag, 21. um 14.30 Uhr „The Robber Symphony“ von Friedrich Feher (in englischer Originalfassung) und um 16.30 Uhr desselben Regisseurs 1932 in Deutschland gedrehter Film „Gehetzte Menschen“ (mit Magda Sonja und Eugen Klopfer); Sonntag, der 22. Juni, ist Fritz Kortner gewidmet, und zwar wird um 14.30 sein berühmter Film „Dreyfus“ (1930, Regie: Richard Oswald, ebenfalls gebürtiger Wiener) gezeigt und um 16.30 Uhr der von Kortner 1955 inszenierte österreichische Film mit Luise Ullrich und Ewald Baiser „Sarajewo — Um Thron und Liebe“.

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