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Friß doch, Vogel, oder stirb!

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Es fällt schwer, da an kein abgekartetes Spiel zu glauben: Am 5. Dezember erläßt Landwirtschaftsminister Günter Haiden seinen Hainburg-Bescheid. Schon im Morgengrauen des 10. Dezember treten die aus Kärnten und Oberösterreich herbeigekarrten Schlägerungstrupps - Motorsäge bei Fuß - zur Rodung im Auwald an. Dazwischen liegt ein Feiertag, ein Sonntag, kaum Zeit im Normalfall, einen ortsansäßigen Installateur ins Haus zu bekommen ...

Doch was ist am Fall Hainburg überhaupt noch normal?

Niederösterreichs Landesrat Ernest Brezovszky hat bei der naturschutzbehördlichen Bewilligung den Kraftwerksbauern 31 Auflagen erteilt. Haiden hat ihn im wasser- und forstrechtlichen Verfahren mit 326 Auflagen ums Zehnfache übertrumpft. Und er hat noch dazu eine Garantie für das Wiener Wasser übernommen.

Garantie: darunter darf man im Wirtschaftsleben eine Gewährleistungspflicht verstehen, eine Verbindlichkeit, die auch zum Schadenersatz verpflichtet.

Eine solche Garantie kann im konkreten Fall niemand geben, weder für das Wiener Wasser noch für die Heilquellen von Bad Deutsch Altenburg, weder für das Grundwasser des Marchfeldes noch für den unbeschadeten Fortbestand des Hainburger Auwaldes. Und sollte ein Schaden eintreten, ist er nicht mehr gutzumachen. Das sei allen Garanten und Beschwichtigern ins Stammbuch geschrieben.

Imponierende Zahlen bei den Umwelt-Auflagen können da nicht überzeugen, können einander widersprechende Expertenaussagen nicht aus der Welt schaffen.

Wenn es schon — Bedarf einmal vorausgesetzt - ein Donaukraftwerk sein muß, warum dann unbedingt Hainburg und nicht die Staustufe Wien?

Und wenn es aber justament Hainburg sein muß, warum dann nicht wenigstens in der sogenannten Naßbauweise, um den Kahlzuschlag in der Au zumindest noch weiter zu minimieren? Warum hat man sich vor dieser 358. Auflage nur gedrückt?

Doch die Chance, solche Fragen vernünftig und sachlich zu erörtern, ist verspielt. Alle Beteiligten, Betreiber wie Gegner, hat Panik erfaßt.

Die einen verlieren die Herrschaft über sich und ihre Worte, die anderen das Augenmaß des Zumutbaren. Die einen bauen auf ein legistisch unzulängliches Volksbegehren, die anderen mit rechtlich umstrittenen Entscheidungen.

Nicht irgendwelchen Vogerln zuliebe, so als wären die Seeadler, die jetzt in der Au zu nisten beginnen, keine gefiederten Freunde, beginnt man jetzt zu roden, sondern um vollendete Tatsachen zu schaffen. Friß, Vogel, oder stirb.

Das war kalkulierte politische Absicht. Nur mit Naturschutz hat sie wenig zu tun.

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