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Gesundbeter

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Die Nachrichtenmedien des Westens bemühen sich, nach wie vor, von gelindem Schwachsinn umfächelt, die Linke in aller Welt wieder einmal gesundzubeten. Schon vor den französischen Gemeinderatswahlen wurde da prophezeit, daß diese Wahlen einen klaren Sieg der Volksfront bringen würden und die diesbezüglichen Beschwörungen ergingen sich noch während des Wahlgangs in einem Tonfall von herzbewegender Inbrunst. Tatsächlich eroberte denn auch die Volksfront zahlreiche Bürgermeistersitze, vor allem in den Städten der (unterentwickelten) französischen Provinz und gab damit den Medien Anlaß zu erquickenden Dankgebeten, hinter denen die Wahlresultate in der Riesenstadt Paris wie hinter einem Paravent verborgen werden konnten. Paris, obgleich verwirrt durch zwei gleichzeitig wahlwerbende Kandidaten der „Rechten”, hatte sich mit 51 Prozent gegen die Volksfront entschieden. Paris hat den Triumphmarsch de Gaulles, aufrecht vorwärts schreitend durch den Kugelhagel der SS, noch immer nicht vergessen.

Bezeichnend ist in diesem. Zusammenhang auch die Berichterstattung über Spanien. Spanien steht nach wie vor unter Totschwei- gestrafe. Wenn in Italien nachgerade der Staat der Auflösung und Selbstverdauung anheimfällt, hat dies als normaler demokratischer Vorgang zu gelten, wogegen die Demonstrationen baskischer oder katalanischer Nationalisten als tödliche Bedrohung für die Regierung Suärez (und damit indirekt auch für den König) darzustellen sind. Was man uns nicht zeigt und was man hierzulande als Photoreportage nur in obskuren konservativen Blättchen aufzustöbern vermag, sind die triumphalen Empfänge, die Spanien seinem Befreier-Monarchen überall dort bereitet, wo dieser auf Rundreisen Station macht. Juan Carlos in Valencia, händeschüttelnd, ohne Polizeischutz, inmitten von Hunderttausenden. Die Plaza geht über, in den Seitenstraßen drängt sich die Menge. Juän Carlos und Sofia auf dem Balkon des Rathauses. Spruchbänder: „Vivan los reyes!” („Es lebe das Königspaar!”), „Juan Carlos - Befreier!”

Aber das sind halt Dinge, die un- sereinen nichts angehn, die außerdem nicht wahr sein können, weil sie nicht wahr sein dürfen. Und wenn das so weitergeht, werden sich die Medien allen Ernstes überlegeri müssen, ob ein solches Spanien überhaupt würdig ist, sich Europa anzuschließen.

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